Die Hanseaten sind mit dem Gebrauch von Superlativen bekanntlich eher zurückhaltend. Doch nach der Wahl von Axel Gedaschko (CDU) zum neuen Hamburger Senator für Stadtentwicklung sprachen alle politischen Beobachter von einer "Sensation". Denn dem 47 Jahre alten Juristen war ein Kunststück gelungen: Er erhielt bei seiner Bestätigung in der Bürgerschaft 67 Ja-Stimmen, obwohl die Christdemokraten nur über 63 Sitze im Parlament verfügen. Mindestens vier Abgeordnete aus den Reihen der Oppositionsparteien SPD und GAL (Grün-Alternative Liste) müssen demnach ebenfalls für den neuen Star am Hamburger CDU-Himmel gestimmt haben, der noch vor einem Jahr als Landrat im niedersächsischen Harburg gewirkt hatte. Sofort begannen Spekulationen über den vermeintlich "ersten schwarz-grünen Senator" in Hamburg - was die GAL-Chefin Christa Goetsch allerdings brüsk zurück wies: "Wir stärken doch nicht die CDU." Tatsächlich deutet inzwischen einiges darauf hin, dass Gedaschkos Traumergebnis mit Unterstützung einiger SPD-Abgeordneter zustande kam, die ihrem Fraktionschef Michael Neumann einen Denkzettel verpassen wollten. Neumann wurde vorgeworfen, an der Demontage des Landesvorsitzenden Mathias Petersen beteiligt gewesen zu sein, der mit seinen Ambitionen auf die Spitzenkandidatur bei der Bürgerschaftswahl 2008 immer weniger Unterstützung bei den mächtigen Kreischefs und der Basis erfuhr. Gedaschko konnte es herzlich egal sein, woher die unerwarteten Ja-Stimmen kamen: "Ich bin überwältigt, damit hätte ich nicht gerechnet."
Sein Wahlergebnis ist symptomatisch für eine rasante verlaufene Polit-Karriere in Hamburg, die er vor genau einem Jahr als Staatsrat für Stadtentwicklung begann. Bürgermeister Ole von Beust (CDU) hatte ihn erfolgreich aus Harburg weggelockt und war damit dem niedersächsischen Regierungschef Christian Wulff (CDU) zuvorgekommen. Der hatte Gedaschko ebenfalls für eine Beförderung ausgeguckt.
In Windeseile gelang es dem uneitlen und sachorientierten Pragmatiker, sich in Hamburg den Ruf eines "Mannes für schwierige Fälle" anzueignen. Er verhandelte mit den Gewerkschaften erfolgreich über einen Kompromiss im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes, er sprang als Chef-Ermittler ein, als der Senat im Zuge einer Affäre um die Weiterleitung vertraulicher Dokumente aus einem Untersuchungsausschuss unter Druck geriet. Und er war es schließlich auch, dem die Leitung der Lenkungsgruppe "Lebenswerte Stadt" angetragen wurde. Dahinter verbirgt sich ein 90 Millionen Euro schweres, behördenübergreifendes Hilfsprogramm für benachteiligte Quartiere, mit dem sich die allein regierende CDU in Hamburg die Wiederwahl sichern will.
Gedaschkos schwierige Aufgabe ist es nun, die Offensive rechtzeitig bis zum Urnengang 2008 für alle Wähler sichtbar umzusetzen. Die Mittel dafür stehen bereit, aber die Zeit drängt. Was bisher nur auf dem Papier steht, ob neue Bolzplätze, Nachbarschaftszentren oder mehr Sprachkurse für Ausländer und Aussiedler, muss rasch Realität werden. Kein leichter Job, wenn man nebenbei auch noch die Bereiche Verkehr, Stadtentwicklung und Umwelt betreuen muss, die in Gedaschkos Behörde verankert sind. Aber Hamburger Christdemokraten sind sich sicher: "Wenn es einer schaffen kann, dann er."