Damit das gelinge, so Schavan, sei es unabdingbar, dass nicht nur die staatlichen Mittel erhöht würden - jetzt müssten auch die Unternehmen in den EU-Mitgliedstaaten ihre Finanzinvestitionen für Forschung und Entwicklung erheblich steigern. Betrachte man die Investitionen der Unternehmen, bestehe zwischen den USA und Europa eine Differenz von 480 Milliarden Euro. Hier müsse es "einen deutlichen Schub" geben, um die Ziele und die Vorlage, "die wir in Form von staatlichen Investitionen geleistet haben", tatsächlich zum Erfolg zu führen. Das Forschungsrahmenprogramm, so Schavan, baue bürokratische Hürden ab, setze auf thematische Kontinuität und Innovation ebenso wie auf Grundlagenforschung und Nachwuchsförderung. Es bilde damit die Basis für künftigen Wohlstand in Europa und sei ein "Instrument der Zukunftssicherung".
Der bildungspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Carsten Müller, betonte, mit dem Programm gehe es "im Kern um nichts anderes als um die Schaffung von Wirtschaftskraft". Daher erwarte man nun ein "erhebliches Engagement der Privatwirtschaft". Deutschland gebe derzeit etwa 2,5 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Forschung und Entwicklung (FuE) aus und liege damit im europäischen Vergleich "relativ gut", weil der Durchschnitt in Europa etwa 1,8 Prozent betrage. Weltweit aber finde sich das Land "bedauerlicherweise" nur auf Platz neun wieder.
SPD-Bildungsexperte René Röspel sagte mit Blick auf die Unternehmen: "Nur nehmen gilt auch nicht." Man könne und müsse von den Unternehmen stärkere Investitionen sowohl in Forschung und Entwicklung als auch in der Ausbildung verlangen. Ausbildung und Forschung seien nicht nur im Interesse der Wirtschaft, "sondern eigentlich deren Handlungsbasis". Röspel lobte, mit dem Programm gehe man neue Wege: Die Einrichtung eines Europäischen Forschungsrates und die Bereitstellung von 7,4 Milliarden Euro für Forschungsprojekte sei ein wichtiges Signal. Es bedeute "freie Fahrt für exzellente Forschung, aber im Rahmen der Leitplanken, die von der Gesellschaft durch Werte und Gesetz vorgegeben werden".
Doch während die Fraktionen sich in ihrem Lob über die Investitionen einig waren, gingen die Vorstellungen über die von Röspel genannten "Leitplanken" auseinander. Die stellvertretende FDP-Vorsitzende Cornelia Pieper bemängelte, der deutsche Innovationsmotor stottere - dies liege nicht zuletzt daran, dass es noch immer keine Novellierung des Stammzellgesetzes gebe. Die Stichtagsregelung sei ein "jämmerlicher Zustand im deutschen Recht". Es habe "nichts mit Forschungsfreiheit zu tun", wenn deutsche Stammzellforscher strafrechtlich verfolgt werden könnten, selbst wenn sie mit anderen europäischen Forscherteams zusammenarbeiteten. Deutschland brauche eine mutige Innovationspolitik, die "zukunftsorientiert und ideologiefrei" sei - davon könne man bei der Großen Koalition jedoch nichts erkennen. Pieper bemängelte zudem, dass auch die Ausgaben der öffentlichen Hand nicht ausreichten, um das Ziel, bis 2010 drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Forschung und Entwicklung auszugeben, zu erreichen. Man forderte die Wirtschaft zu mehr Engagement auf - doch allein sieben Bundesländer würden trotz des Forschungspaktes ihre FuE-Ausgaben nicht steigern.
Die Sprecherin der Linksfraktion, Petra Sitte, warnte davor, die EU auf "ökonomische Rivalität gegen andere Regionen und damit gegen Menschen in anderen Regionen" zu reduzieren. Es sei "fragwürdig", die Forschungsinvestitionen in den Mitgliedstaaten zu steigern, "solange ihr kleinster gemeinsamer Nenner vor allem in privatwirtschaftlicher Verwertbarkeit" bestehe. Themenbereiche, die sich mit der Lösung sozialer, ökologischer und ökonomischer Prozesse beschäftigten, blieben im Forschungsrahmenprogramm "krass unterfinanziert".
Auch die Grünen zeigten sich kritisch: Die Aufstockung der Mittel im Programm sei zwar "ein gutes Signal", so Krista Sager, die Qualität der neuen Instrumente müsse sich aber erst noch beweisen. Wie gut der Europäische Forschungsrat sein werde, hänge davon ab, ob er sich "tatsächlich von nationalen und wissenschaftlichen Lobbyistengruppen unabhängig" machen könne. Auch dem geplanten so genannten Europäische Technologieinstitut stehe man sehr skeptisch gegenüber: Es laufe Gefahr, zum "Tummelfeld" für Lobbyisten zu werden. Auf die Ausführungen der FDP zum Stammzellgesetz sagte Sager, die Regelungen des 7. Forschungsrahmenprogrammes seien die gleichen wie die des 6. Man erwarte von Schavan, "dass Sie dem Druck und den falschen Behauptungen weiterhin Widerstand entgegensetzen". Sagers Fraktionskollege Hans-Josef Fell kritisierte, im Bereich der Klima- und Energieversorungsprobleme versage das 7. Forschungsrahmenprogramm "fast völlig".
Ihre Kritik am Programm hatten die Grünen in einem Antrag geäußert und gefordert, die zukunftsfähige Forschung in Europa zu stärken. Dieser Antrag wurde am 18. Januar mit den Stimmen der Koalition und der FDP abgelehnt. Ein Antrag von Union und SPD, die Regierung solle sich bei der Ausgestaltung des Programms engagieren, fand dagegen die Zustimmung der Mehrheit von Union und SPD. Liberale und Grünen stimmten gegen den Antrag, während sich Die Linke enthielt. Die Abgeordneten folgten damit einer Beschlussvorlage des Bildungsausschusses. Auch in einer weiteren Abstimmung folgten die Abgeordneten einer Empfehlung des Ausschusses: Mit den Stimmen aller Fraktionen außer der FDP lehnten sie einen Antrag der Liberalen ab. Sie hatten gefordert, die Voraussetzungen für Entwicklung und Bau einer Europäischen Spallations-Neutronenquelle in Deutschland zu schaffen.