Wie viele Varianten des "Ostens" kennen die Deutschen? Wolfgang Wippermann, Professor für Neuere Geschichte an der FU Berlin, kennt die Antwort: mindestens vier. Da gibt es zunächst aus religiöser Perspektive das "Morgenland" und den islamischen Orient; außerdem existiert die politische Sicht auf den Osten, in früheren Zeiten das orthodoxe Russland, später abgelöst durch die ideologische Auseinandersetzung mit dem Bolschewismus, der im Ost-West-Konflikt gipfelte.
Neben dieser Spurensuche setzt sich Wippermann kritisch mit Thesen, wie dem von Samuel P. Huntington prophezeiten "Kampf der Kulturen" auseinander, die er gerade in ihrer europäischen Dimension überzeugend widerlegt. Zudem analysiert der Berliner Historiker das Türken-Bild der Deutschen und mischt sich so aktiv ein in den Streit über die Zugehörigkeit der Türkei zur EU. Hierbei erläutert der Autor die Ursprünge antiislamischer Fehlwahrnehmungen und streift dabei allzu knapp den "islamischen Terrorismus" als neues Feindbild der Deutschen. Von diesem informativen und mit interessanten historischen Details gespickten Buch wird der Leser nur profitieren. Allerdings muss er sich dazu durch eine in wissenschaftlicher Diktion geschriebene Arbeit quälen.
Die Deutschen und der Osten. Feindbild und Traumland.
Primus Verlag, Darmstadt 2007; 159 S., 19,90 ¤