VERBRAUCHERSCHUTZ
Die Finanzmarktrichtlinie gibt dem Kunden mehr Sicherheit beim Wertpapierkauf
Knapp 30.000 Anleger sind im Anlagebetrugsfall der Phoenix Kapitaldienst GmbH geschädigt worden. Mit vorgetäuschten Finanzgeschäften würden Anleger um Einlagen von rund 300 Millionen Euro betrogen. Der Insolvenzplan für Phoenix wird voraussichtlich im Juni rechtskräftig. Es handelt sich um einen der größten Anlagebetrugsfälle in Deutschland.
Einen zweiten Fall Phoenix soll es in Zukunft möglichst nicht mehr geben können. Der Bundestag hat am 29. März die EU-Finanzmarktrichtlinie in deutsches Recht umgesetzt. Ein wesentliches Ziel des Gesetzes ist es, den Kapitalanleger vor falscher Beratung und ihren Folgen zu schützen.
Die Finanzmarktrichtlinie, kurz MiFID (Markets in Financial Instruments Directive), ist Bestandteil des Aktionsplans der Europäischen Kommission für Finanzdienstleistungen. Der europäische Binnenmarkt für Finanzdienstleistungen soll dadurch harmonisiert werden mit den Vorgaben, den Anlegerschutz zu verbessern und den Wettbewerb zu stärken.
Den Gesetzentwurf der Bundesregierung ( 16/4028 , 16/4037 ) hatte der Finanzausschuss noch in mehreren Punkten verändert ( 16/4883 , 16/4899 ) und dabei unter anderem Vorschläge des Bundesrates aufgegriffen. Das Gesetz tritt im Wesentlichen am 1. November in Kraft. Im Bundestag sprachen alle Fraktion von einem "Fortschritt für die Verbraucher". Mit Ausnahme der Linksfraktion stimmten auch alle Fraktionen zu. Axel Troost von der Linken begründete die Enthaltung seiner Fraktion damit, dass es bei allen Verbesserungen eine Reihe von Mängeln gebe, die besser beseitigt worden wären. Als Beispiele nannte er den Ausschluss geschlossener Fonds aus dem Anwendungsbereich des Gesetzes. Hier gebe es häufig "schwarze Schafe", die man besser der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterstellt hätte. Auch könnten die Anleger nicht erkennen, dass bestimmte Finanzmarktprodukte je nach Vertriebsweg mit einem unterschiedlichen Schutz verbunden sind. So gebe es beim Vertrieb über das Internet keine Warnpflicht und keine Prüfung, ob das Produkt für den Kunden "angemessen" ist.
Eine solche Prüfung muss die Bank oder der Finanzdienstleister bei einem Beratungsgespräch in Zukunft vornehmen. Um die Angemessenheit eines Finanzprodukts beurteilen zu können, benötigt der Anbieter Informationen über den Privatkunden, über seine Lebens- und Vermögensverhältnisse.
Stehen ihm diese Informationen nicht zur Verfügung, darf er keine Empfehlungen abgeben. Diese Änderung des Regierungsentwurfs hatte der Finanzausschuss durchgesetzt. Sie gilt auch für die Portfolioverwaltung. Ein Verkaufsverbot ist damit aber nicht verbunden. Handelt es sich um einen professionellen Kunden, darf der Verkäufer erwarten, dass der Kunde die mit dem Geschäft verbundenen Risiken kennt.
Der Finanzdienstleister wird verpflichtet, seine Kundenberatung umfassend zu dokumentieren. Bei Kontrollen durch die BaFin kann er dadurch nachweisen, dass er seine Beratungs- und Sorgfaltspflichten eingehalten hat. Klagt der Kunde gegen ihn, etwa wegen falscher Beratung, so muss allerdings der Kunde den Nachweis führen. Die Grünen haben deshalb in einem Entschließungsantrag ( 16/4884 ) gefordert, dass der Kunde eine Kopie der Beratungsdokumentation ausgehändigt bekommen sollte.
Neben den Grünen stimmte lediglich die Linksfraktion für den Entschließungsantrag. Daher drang die Fraktion auch nicht mit der Forderung durch, die geschlossenen Fonds in die Schutzregelungen des Gesetzes einzubeziehen. Aus Sicht der Grünen wurde damit die Chance vertran, den "grauen Kapitalmarkt" in den Griff zu bekommen.
Grünen-Sprecher Gerhard Schick griff bei der abschließenden Beratung des Gesetzes auch die Verjährungsregelung auf. Die dreijährige Frist, innerhalb der geschädigte Anleger gegen ihren Finanzdienstleister vorgehen können, beginnt nach geltendem Recht bereits mit dem Kauf des Finanzprodukts. Dies bedeutet, dass die Frist schon verstrichen sein kann, wenn der Anleger von der falschen Beratung erfährt. Schick befürwortete, dass die Verjährungsfrist erst beginnt, wenn der Kunde das Fehlverhalten des Dienstleisters erkannt hat.
Der Bundestag stellte entgegen der Regierungsvorlage so genannte Aktien vertretende Zertifikate den Aktien bei den Transparenzanforderungen gleich, weil sie auch an den Börsen gleichbehandelt werden. Darauf wiesen die Sprecher der Koalition, Georg Fahrenschon (CDU/CSU) und Nina Hauer (SPD), hin.
Hauer nannte einen weiteren kundenfreundlichen Umstand. Die Anbieter werden zur "best execution" verpflichtet, sie müssen für ihre Kunden das beste und günstigste Produkt aussuchen. Das muss nicht immer das des eigenen Hauses sein.
Die FDP war im Finanzausschuss mit ihrem Antrag gescheitert, der Entschädigungseinrichtung für Wertpapierhandelsunternehmen (EdW) im Phoenix-Fall beizustehen. Danach sollte die EdW die Möglichkeit erhalten, Ansprüche der Anleger gegenüber Dritten geltend zu machen. Derzeit gehen die Ansprüche geschädigter Anleger gegen Phoenix auf die EdW über. Viele mittelständische Finanzdienstleister sind laut Schäffler als EdW-Zwangsmitglieder durch zu erwartende Sonderbeiträge an die EdW in ihrer Existenz bedroht.