Kein Zweifel, Justizminister Christoph Blocher (66) ist der bekannteste Politiker der Schweiz. Und nun haben ihm vier Schafe auch noch zu einer Popularität verholfen, um die ihn andere, eher blasse Schweizer Politiker, beneiden. In der Schweiz herrscht Wahlkampf, am 21. Oktober wird ein neues Parlament gewählt. Es rumort kräftig im Wahlkampfgetümmel - mitten drin immer nur Blocher und besagtes Wahlkampfplakat mit Tieren. Die Schafe haben Blocher auch international zu schaffen gemacht: Drei weiße drängen ein schwarzes von der roten Schweizer Fahne mit dem weißen Kreuz. Oder anders interpretiert: Wer sich als Ausländer etwas zuschulden kommen läßt, sollte die Schweiz verlassen. Selbst die Vereinten Nationen rügten dies als ausländerfeindlich und forderten eine Unterlassung.
Blocher steht deshalb im Mittelpunkt, weil er die nationalkonservative Schweizerische Volkspartei (SVP) verkörpert wie kein anderer in der Schweiz. Er hat sie zur größten Partei im Parlament gemacht. Und dieses Parlament wählt die Regierung, den Bundesrat. Es handelt sich dabei um ein siebenköpfiges Kollegium, zusammengesetzt aus Kandidaten aller wichtigen Parteien, die einvernehmlich arbeiten und beschließen müssen. Die SVP stellt zwei Minister, und das ist das Problem. Denn die anderen Parteien haben kaum Zugewinnchancen gegen eine SVP, die das gesamte Spektrum von der Mitte bis ganz Rechts abdeckt. Und die, lange bevor die anderen Parteien aufgewacht sind, mit einer solchen Wucht in den Wahlkampf gezogen ist, dass die Medien nicht umhin konnten, alle Titelseiten und Abendnachrichten prominent für sie freizuräumen. Blocher drehte dabei den Spieß einfach um. Er und seine Partei behaupteten, dass die anderen ihn vertreiben wollten, er einer neuen Regierung nicht mehr angehören sollte. Vom Komplott war die Rede, von Geheimpapieren, und es gab Vergleiche sogar - für die Schweiz sehr ungewöhnlich - mit der Nazizeit. Und Blocher hat wohl so Unrecht nicht. Zwar hat er nicht das Charisma eines Jörg Haider - in jüngeren Jahren. Aber er ist unbequem und spricht die Leute an. Die Partei verweist darauf, den EU-Beitritt und vor allem in der Ausländerpolitik liberalere Vorhaben verhindert zu haben. Das Phänomen Blocher wächst den Parteien so über den Kopf, dass Schweizer Tugenden, wie etwa Fairness in der Politik, auf der Strecke blieben.
Amtsmissbrauch wurde Blocher vorgeworfen, unberechtigte Einflussnahme auf das unabhängige Justizwesen gar. Und dann sprach die amtierende Schweizer Bundespräsidentin, Außenministerin und Sozialdemokratin Micheline Calmy-Rey davon, dass die SVP für sie die "am wenigsten schweizerische Partei" sei.
Den liberalen Innenminister Pascal Couchepin erinnert der Wahlkampf der SVP gar an den italienischen Faschismus. Dass sich Mitglieder der Regierung so in einen Wahlkampf einmischen, bei dem ja eigentlich nur Abgeordnete gewählt werden, ist genauso ungewöhnlich. Mit dem Slogan "Blocher stärken! SVP wählen!" hat die Volkspartei nun erreicht, dass sich der Wahlkampf auch um die Frage dreht: Für oder gegen Blocher? So haben Kandidaten sich schon öffentlich geäußert, ob sie bei der Regierungsbildung nun Blocher wählen werden oder nicht.