Die Regierung kommt einem ja oft vor wie eine große, etwas wunderliche Familie. Die Ministerkinder zanken und vertragen sich wieder, man macht gemeinsame Ausflüge, die zwar Klausurtagung heißen, aber der Stimmungaufhellung dienen und alle anspornen sollen, demnächst ihre Hausaufgaben noch besser zu machen. Und über allem wacht das aufmerksame Auge der Kanzlermama, die meist begütigend moderiert, manchmal aber auch strenge Rügen verteilt.
Soweit, so normal. Normal in Familien ist aber auch, dass es gemäß der Weisheit "Wenn die Katze aus dem Haus ist, tanzen die Mäuse auf dem Tisch" erst richtig rund geht, wenn die Erziehungsberechtigten einmal nicht da sind. Und hier wird es irritierend: Die halbe vergangene Woche weilte Mama Angela in New York, also wirklich fern des Berliner Familiensitzes - und daheim? Nichts. Keine Interviewpartys, keine Talkshowprügeleien, nur Stille. Gerade noch hatte es Streit rund ums Thema innere Sicherheit, den Mindestlohn und das Betreuungsgeld gegeben - doch kaum war die Katze aus dem Haus, schienen sich die Mäuse unterm Tisch zu verstecken. Schade. Es wäre die Gelegenheit gewesen, all die strittigen Fragen ohne autoritäres Eingreifen zu lösen, ein für alle Mal. Ein paar blaue Augen hätte das wohl mit sich gebracht, aber wer in der Koalition wie stabil ist und wer nichts verträgt, wäre dann endlich klar gewesen. Chance verpasst.
Man wüsste gern, wie diese Eintracht zustande gekommen ist. Hat Merkel mit Interviewverbot für die nächsten Wochen gedroht? Gab es Pläne, bei Streit den Taschengeldetat zu kürzen? Am wahrscheinlichsten ist, dass sie den ultimativen Drohjoker gezogen hat: Wer rumzickt, muss die nächsten Ferien beim pensionierten Onkel Ede verbringen, der sechs Wochen am Stück über den Transrapid sinniert. Wer hätte da nicht geschwiegen?