Noch vor einem Jahr hatten ihn viele bereits für tot erklärt: den EU-Reformvertrag. Jetzt, eine Woche vor dem Gipel in Lissabon, konnte Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) in der Debatte über die EU-Regierungskonferenz am 11. Oktober erleichtert verkünden: "So nah dran waren wir noch nie." Dies sei auch ein Verdienst des Parlaments, betonte Steinmeier in der Aussprache über den EU-Reformvertrag.
Kurz vor dem entscheidenden Gipfel am 18. und 19. Oktober in Lissabon, zeigte er sich optimistisch, dass es dort zu einer Einigung kommen werde, auch wenn er einräumte, dass dabei inhaltliche Abstriche gemacht werden mussten.
Gleichzeitig warnte der Außenminister aber auch vor einem Scheitern des Gipfels: "Wenn wir diese Chance verpassen, werden wir so schnell keine neue bekommen", sagte Steinmeier und fügte angesichts der anstehenden Herausforderungen hinzu: "Die Welt wartet nicht auf Europa."
Im Sinne der Vereinbarung zwischen dem Deutschen Bundestag und der Bundesregierung (BBV) stellte die Koalition anschließend auf der Basis der Beschlussempfehlung (16/6632 ) mit ihrem Antrag ( 16/6399 ) das darin geforderte Einvernehmen hinsichtlich der "Änderungen zu den vertraglichen Grundlagen der Europäischen Union" her. Obwohl eine Mehrheit der Parlamentarier der FDP und von Bündnis 90/Die Grünen den EU-Reformvertrag in seiner jetztigen Form mitträgt, lehnten die Linke und Bündnis 90/Die Grünen den Antrag ab, während sich die FDP der Stimme enthielt. Weitere Anträge der FDP ( 16/5882 ) und von Bündnis 90/Die Grünen ( 16/5888 ) wurden abgelehnt.
"Ich finden den Antrag in der Sache richtig", sagte Rainder Steenblock (Bündnis 90/Die Grünen) in der Aussprache, er bemängelte jedoch, wie auch die anderen Oppositionsfraktionen, das Verfahren des Einvernehmens. Kritisiert wird von der Opposition vor allem der Zeitpunkt der Beteiligung des Parlaments, das die Abgeordneten vor vollendete Tatsachen stelle. Dieter Dehm (Die Linke) bemängelte, dass die Bundesregierung damit "grob" gegen die Vereinbarung verstoßen habe. Auch die Form des Regelwerks kritisierte Dehm: "Die Form des Vertrages ist eine Zumutung. Das ist keine Aufklärung, das ist ein Puzzle", sagte er.
Neben der Kritik am Verfahren, fand Markus Löning (FDP) aber auch lobende Worte. Es sei der deutschen Ratspräsidentschaft gelungen, einen "Sack europäischer Flöhe" zusammenzuhalten, erklärte er. Gleichzeitig mahnte er aber auch mit Blick auf den EU-Binnenmarkt, dass es jetzt wieder an der Zeit sei, "dass wir in der Substanz vorankommen".
Auch der Vorsitzende des EU-Ausschusses, Gunther Krichbaum (CDU/CSU), richtete den Blick in die Zukunft und mahnte dazu, Europas Wettbewerbsfähigkeit zu stärken. Hinsichtlich des Reformvertrages zeigte er sich erfreute, dass "Europa seine Handlungsfähigkeit zurückgewonnen hat". Gleichwohl bedauerte er jedoch auch eines: das Fehlen europäischer Symbole.