ANALYSE
Warum werden Jugendliche rechtsradikal?
Nicht als Ratgeber will die Psychoanalytikerin und Sozialpädagogin Gertrud Hardtmann ihr Buch verstanden wissen. Vielmehr ist es für Leser geschrieben, die sich Gedanken über die Entwicklungen des Rechtsradikalismus in Deutschland machen. Die Autorin ist auf der Suche nach den Wurzeln des Problems, rekonstruiert, warum sich gerade männliche Jugendliche vom rechten Spektrum angesprochen fühlen und warum neonationalsozialistische Gruppierungen offenbar keine Probleme haben, Nachwuchs zu rekrutieren.
Im ersten Teil umreißt Gertrud Hardtmann das Phänomen und erstellt eine Bestandsaufnahme. Sie zeigt, wie sich der Rechtsradikalismus innerhalb der vergangenen Jahre entwickelt hat und lässt löblicherweise auch den in der ehemaligen DDR wesentlich vorhandenen Rechtsradikalismus nicht aus den Augen.
Ergänzt werden die Überlegungen durch zahlreiche Statistiken, die in Form von Diagrammen, Schaubildern und Tabellen präsentiert werden. An sich eine gute Idee, um die Entwicklung des Rechtsradikalismus, der rechtsradikal motivierten Straftaten oder der Wahlergebnisse rechter Parteien anschaulich und faktual zu präsentieren. Leider sind die grafischen Darstellungen jedoch teilweise farblich recht undeutlich geraten und daher in ihren Feinheiten nicht immer ganz einfach zu unterscheiden.
Die Kernfragen, über die sich die Autorin dem Thema nähert lauten: Welche Illusionen machen das rechte Gedankengut für einen Teil der heranwachsenden Männer attraktiv? Was versprechen sie sich von der braunen Ideologie? Zur Beantwortung sprach die Autorin mit rechtsradikalen Jugendlichen, die von einem Gericht zu einem "Sozialen Training" verurteilt worden waren. Ihr Buch enthält daher keine graue Theorie, sondern ist ganz nah dran am Geschehen.
Das Buch zeigt, was in der öffentlichen Diskussion mitunter vernachlässigt wird: dass ein junger Mensch zum Rechtsradikalen mutiert, hat Gründe - soziale und familiäre. Gertrud Hardtmann glaubt daran, dass dem Problem junger Rechtsradikaler individuell - nicht pauschal und undifferenziert - begegnet werden kann und begegnet werden muss.
16, männlich, rechtsradikal.
Patmos Verlag, Düsseldorf 2007; 160 S., 18 ¤