EINKAUFSTRAINING
Wie in Rostock Eltern, Kinder, und Senioren durch den Nahrungsdschungel geleitet werden
Vor dem mannshohen Regal mit Dutzenden Packungen Cornflakes kapituliert Claras Mutter regelmäßig. "Im Gegensatz zu meinem Kind weiß ich nie, was ich nehmen soll", sagt sie seufzend. Kürzlich sollte, nein musste es für die Fünfjährige die Packung mit den Chips in Form von tanzenden Kängurus sein. "Clara war dann fürchterlich enttäuscht, als die Viecher nicht aus der Packung auf ihren Teller hüpften", erzählt die Mutter.
Solche Geschichten hört Simone Götz, Ernährungsberaterin der Neuen Verbraucherzentrale in Rostock, regelmäßig. "Kinder entscheiden nach Farbe, Beiwerk, Werbung, Eltern aber wollen etwas Gesundes, möglichst auch Preiswertes." Um Eltern bei der Entscheidung zu helfen, laden die Verbraucherschützer regelmäßig zum Einkaufstraining ein. Väter und Mütter gehen dann gemeinsam mit der Ernährungsberaterin durch den Supermarkt und lernen, die Fallen der Werbeindustrie zu umgehen.
Mit Kindern veranstaltet die Ernährungsberaterin eine Einkaufsrallye im Supermarkt und entlarvt dabei die Tricks von Lebensmittelherstellern. Diese Termine sind ebenso wie das Training für Erwachsene, für Singles und für Senioren immer bis auf den letzten Platz ausgebucht. "Die Nachfrage ist enorm, auch die Einzelberatungen zur Ernährung haben sehr stark zugenommen", sagt Simone Goetz. "Ungefähr seit der BSE-Krise interessieren sich die Verbraucher mehr für das Essen, für das, was drin ist. Sie sind schon viel besser informiert, aber eben auch verunsichert."
Die Werbefallen zu durchschauen sei letztlich gar nicht so schwer, macht Simone Goetz den Eltern Mut. "Wirklich gute oder schlechte Lebensmittel oder Süßigkeiten gibt es eigentlich nicht. Kontrollieren Sie die Inhaltsstoffe, vergleichen Sie den Preis, dann fallen einige Produkte schon aus der Wahl." Beliebt sei zum Beispiel der Hinweis "Ohne Zuckerzusatz". "Stimmt schon, aber hier in der Schokolade wird der Austauschstoff Maltid aufgeführt." Der aber wirkt ab einer gewissen Menge abführend.
Grundsätzlich rät sie zum Vergleichen von angeblichen Kindernahrungsmitteln mit denen für Erwachsene. "Wurst, Käse, Getränke speziell für Kinder sind bunter, oft süßer, aufwändiger verpackt und in ganz vielen Fällen teurer als die normalen Produkte. Und aus ernährungswissenschaftlicher Sicht braucht ein Kind ab dem zweiten Lebensjahr keine speziellen Lebensmittel", sagt die Expertin.
Laut Umfragen erfüllen 50 Prozent der Eltern die Markenwünsche ihrer Kinder, wenn es um den Kauf süßer Brotaufstriche, Getränke oder eben Cornflakes geht. "Klären Sie ihre Kinder auf, dass sie als kluge Köpfchen nicht alles aus der Werbung glauben sollen", sagt Götz. Und für das gesparte Geld lasse sich lieber ein richtiges Spielzeug kaufen.
Auch Claras Mutter kennt durchaus Produkte, "wo irgendetwas nicht stimmt". Den Aha-Effekt bekam sie aber erst durch Simone Goetz` Preisvergleiche von Produkten sowie die Analyse vom Zuckergehalt beispielsweise bei Cornflakes. "Bis zu 40 Prozent Zuckeranteil - das kann ja nicht gesund sein", betont sie. Beim nächsten Griff ins Supermarktregal mit den Frühstücksflocken werde ihr das Wissen eine wertvolle Hilfe sein.