Ein handgemachter, in Kräutern gewälzter Ziegenkäse, ein gut abgehangener, dünn geschnittener Serrano-Schinken und nicht zuletzt eine 300-Gramm-Tafel zartschmelzende Nougat-Schokolade - Essen ist nicht einfach Nahrung. Essen ist Lebensqualität.
Vier Prozent der Deutschen sehen das nicht so. So hoch ist nach Schätzungen von Experten der Anteil an Magersüchtigen und Bulemikern (Seite 7). 15 Prozent von Deutschlands Kindern und Jugendlichen genießen offenbar falsch oder zu viel. Sie sind der Grund, weswegen Bundesernährungs- und -verbraucherschutzminister Horst Seehofer (CSU) zusammen mit Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) im Mai dieses Jahres einen so genannten Aktionsplan ankündigte, mit dessen Hilfe die Bevölkerung ihr Ernährungsverhalten bis 2020 optimiert haben soll. Manche Bundesländer haben schon eigene Initiativen gestartet und versuchen zum Beispiel, Kinder für's selbstgekochte, ausgewogene Essen zu begeistern (Seiten 2, 4, 5 und 7).
Doch viele wissen gar nicht, was eigentlich "gutes Essen" ist und wie viel es kostet. Woraus bestehen Lebensmittel und was soll man wirklich essen? In der Werbung sehen wir die Bäuerin, die liebevoll den Joghurt rührt. In Wirklichkeit sollten wir eher nach großen Produktionshallen mit vielen Tüten und Pulvern Ausschau halten. Wir leben nun einmal in einer technisierten Gesellschaft, in der sehr viele Menschen ernährt werden müssen. Da hat Massenernährung nichts mehr mit Romantik zu tun (Seiten 8, 9 und 10). Nicht zuletzt stellt sich beim Lebensmittel-Einkauf auch die Frage, ob der Verbraucher anderen Menschen helfen kann - indem er ein Produkt kauft, für das der Erzeuger einen vernünftigen Lohn erhält - oder ob er dafür sorgen kann, dass Hersteller trotz riesiger Produktionsmengen und Profitwunsch ausreichend auf die Qualität achten (Seiten 12 und 13).
Essen ist also nicht nur Lebensqualität. Es hat auch viel mit Politik zu tun. Und eines sollten wir nicht vergessen: Hierzulande hungern Menschen, weil es schick ist, in anderen Ländern hungern sie, weil es nichts zu essen gibt. Nach den Angaben der Welternährungsorganisation (FAO) sind weltweit 854 Millionen Menschen unterernährt, 820 Millionen davon in Entwicklungsländern. Im Jahr 2015 soll die Zahl der Unterernährten auf die Hälfte gesunken sein. Das hatten sich 180 Nationen während des von der FAO organisierten "World Food Summit" 1996 vorgenommen. Ob das klappt, ist fraglich - Schuld daran sind auch westliche Staaten, die für den Welthandel allein zu ihrem eigenen Vorteil ausnutzen oder auf ihrer Suche nach erneuerbaren Energien den internationalen Lebensmittelhandel durcheinander bringen (Seite 6). Wenn wir also das nächste Mal gehetzt zwischen zwei Terminen Essen runterschlingen oder wenn wir meinen, die neueste Diät ausprobieren zu müssen, weil die Waage 500 Gramm zu viel anzeigt - dann sollten wir vielleicht einfach durchatmen und uns deutlich machen, wie gut es uns geht.