Forschung
Koalition sieht Hightech-Strategie auf gutem Weg. Opposition beklagt strukturelle Defizite
Wir sind auf einem guten Weg." Dies erklärte Bundesforschungsministerin Annette Schavan (CDU) am 29. Mai bei der Debatte über den Bundesbericht Forschung und Innovation 2008 ( 16/9260), der sich auf das Gutachten zu Forschung, Innovation und technologische Leistungsfähigkeit 2008 ( 16/8600) bezieht.
Darin haben Wissenschaftler einer unabhängigen Kommission im Auftrag der Regierung das deutsche Forschungssystem analysiert und Handlungsempfehlung für dessen Weiterentwicklung erarbeitet.
Die Spielräume zur Finanzierung von Innovationen seien gewachsen, so die Wissenschaftler. Mit Reformen wie der "Exzellenzinitiative" für die Hochschulen und der Hightech-Strategie habe Deutschland beachtliche Fortschritte gemacht. Trotzdem müssten die Forschungsanstrengungen weiter erhöht werden, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Innovationshemmend ist nach Meinung der Sachverständigen das deutsche Steuersystem, die niedrige Eigenkapitalquote der Unternehmen und der Mangel an Fachkräften. Deshalb empfiehlt die Kommission auch, Unternehmen und ihre Kapitalgeber steuerlich zu entlasten, die Rahmenbedingungen für Wagniskapitalfinanzierung zu verbessern sowie Forschung und Entwicklung gerade in kleinen und mittleren Unternehmen durch steuerliche Vorteile zu fördern.
Schavan wies daraufhin, dass die Ausgaben im Bereich Forschung und Entwicklung im Zeitraum 2005 bis 2008 um 2,1 Milliarden Euro gestiegen seien. "Das ist immerhin ein Steigerung um 24 Prozent", sagte die Ministerin. So investiere der Bund in diesem Jahr mehr als 11 Milliarden Euro. Dies sei auch ein wichtiges Signal für die Länder und Unternehmen. Die Ministerin ist zuversichtlich, dass bis 2010 der Anteil der Ausgaben für Forschung und Entwicklung am Bruttoinlandsprodukt auf drei Prozent erhöht werden kann. In diesem Jahr werde der Anteil dieser Ausgaben am BIP etwa 2,7 Prozent betragen.
Im vergangenen Jahr hat der Bund für Forschung und Entwicklung 10,3 Milliarden Euro ausgegeben. Die internen Forschungsaufwendungen der Wirtschaft sind 2006 gegenüber 2005 um 6,5 Prozent auf 41,1 Milliarden Euro gestiegen. 2006 waren rund 312.000 Personen in Unternehmen und industriellen Forschungseinrichtungen forschend tätig, was einen Zuwachs von 2,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr bedeutet. Deshalb betonte Schavan auch, dass diese Hightech-Strategie der Bundesregierung eine hohe Mobilisierungswirkung habe.
Unterstützt wurde die Ministerin von den Sprechern der Koalition. Für René Röspel (SPD) bewegt sich Deutschland bei der Forschung an der Spitze. Deutschland sei immer noch Exportweltmeister und habe 2005 forschungs- und entwicklungsintensive Waren im Wert von 430 Milliarden Euro exportiert. Automobilbau, Maschinenbau, Chemie und Pharmazie seien die Zugpferde im Export. Allerdings gebe es Nachholbedarf bei der Spitzentechnologie. Bei der Entwicklung neuer Energiespeicher, von Leuchtdioden und der Photovoltaik seien aber die ersten Schritte erfolgreich gemacht worden.
Ilse Aigner (CDU/CSU) bestärkte die Ministerin ausdrücklich darin, den Weg zur Erfüllung des Drei-Prozent-Ziels weiter zu beschreiten. Das Geld sei auch "vernünftig" eingesetzt. So wies sie daraufhin, dass 98 Prozent der Mittel für Projektförderung bereits abgeflossen seien. Bei den Innovationsallianzen hätten 500 Millionen Euro Steuergelder bei der Wirtschaft zu Investitionen in Forschung und Entwicklung in Höhe von 2,6 Milliarden Euro geführt.
Kritisch standen die Sprecher der Opposition der Hightech-Strategie der Bundesregierung gegenüber. So wies Cornelia Pieper (FDP) darauf hin, dass Deutschland bei den Ausgaben für Forschung und Entwicklung mit rund 59 Milliarden Euro im OECD-Vergleich auf Platz drei hinter den USA und Japan liege. Weltweit aber habe eine Aufholjagd "ungeheuren Ausmaßes" begonnen. "Es geht jedoch nicht allein um Geld", betonte sie weiter. Zu allererst gehe es auch um mehr Freiheit für Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Davon sei aber nicht viel zu spüren. So blockiere die Koalition das angekündigte Wissenschaftsfreiheitsgesetz.
Petra Sitte (Die Linke) kritisierte vor allem, die "Selektivität des Bildungs- und Forschungssystems". Sie forderte die Bundesregierung auf, die "gravierenden Ungleichgewichte zwischen öffentlicher Bildungsfinanzierung und Technologieförderung nachhaltig zu korrigieren". Diese In- novationspolitik wirke auch innerhalb des Forschungssystems selektiv. So beginne die Grundlagenforschung durch Überbetonung der Anwendungsorientierung bei der Forschungsförderung wegzubrechen.
Priska Hinz (Bündnis 90/Die Grünen) stimmte der Regierung darin zu, dass es beim Erreichen des 3-Prozent-Ziels für Investitionen in Forschung und Entwicklung Fortschritte gebe.
Aber die gegenwärtigen Erfolge seien auf konjunkturellem Sand gebaut. Strukturell habe sich noch nicht viel geändert. So sei die Unternehmenssteuerreform ein Desaster für innovative Unternehmen und die Zunahme der Bürokratie schwäche den Innovationsstandort Deutschland. "Das ist das Gegenteil dessen, was wir brauchen", so die Abgeordnete.