Nachträglicher Sitzungsausschluss wird möglich
Der Bundestag hat am Donnerstag, 2. Juli 2009 seine Möglichkeiten erweitert, mit Ordnungsmaßnahmen gegen Störungen des Sitzungsbetriebs vorzugehen. „Mehrere Störungen durch Abgeordnete des Deutschen Bundestages während der Plenarsitzungen der letzten Zeit haben im Ältestenrat sowie im Geschäftsordnungsausschuss zu der Erkenntnis geführt, dass die bestehenden Ordnungsmittel, ein Mitglied des Bundestages wegen gröblicher Verletzung der Ordnung von der Teilnahme an Plenar- und Ausschusssitzungen auszuschließen, unzureichend sind“, sagte der Vorsitzende des Geschäftsordnungsausschusses, Thomas Strobl (CDU/CSU).
Auf der Grundlage einer Beschlussempfehlung des Ausschusses (
16/13492) beschloss das Parlament gegen die
Stimmen der Linksfraktion und von Bündnis 90/Die Grünen
eine Änderung der Geschäftsordnung.
Störer nicht sofort identifizierbar
Bislang musste der amtierende Präsident einen Ausschluss einzelner Abgeordneter von der Sitzung wegen einer gröblichen Verletzung der Ordnung noch in der laufenden Plenarsitzung aussprechen. Dies war in zwei Fällen in der Vergangenheit nicht möglich, da der Präsident die Störer aufgrund ihrer großen Zahl oder wegen der aufgesetzter Masken nicht identifizieren konnte.
Strobl spricht damit die Sitzung vom 16. Januar 2008 an, als
mehrere Mitglieder der Linksfraktion Masken aufsetzten. In der
Sitzung am 26. März 2009 entrollten Mitglieder derselben
Fraktion während einer Debatte Transparente und hielten Fahnen
hoch.
Rüge in der nächsten Sitzung
Beschlossen wurde nun die Möglichkeit eines nachträglichen Sitzungsausschlusses, wie es bisher schon die Möglichkeit eines nachträglichen Ordnungsrufes gibt. Danach kann ein protokollierter Zwischenruf, der dem Präsidenten entgangen ist, noch in der nächsten Sitzung gerügt werden. Ein nachträglicher Sitzungsausschluss muss spätestens in der Sitzung ausgesprochen werden, die auf die Sitzung mit dem Ordnungsverstoß folgt.
Wird der Sitzungsausschluss noch in der gleichen Sitzung
ausgesprochen, so besteht bereits bisher die Möglichkeit,
diesen auf bis zu 30 Sitzungstage auszudehnen. Diese
Möglichkeit gilt nun auch für den nachträglichen
Sitzungsausschluss.
Präsident muss Verletzung der Ordnung feststellen
Auch muss der Präsident nach der Neuregelung bereits in der laufenden Sitzung die Verletzung der Ordnung feststellen und auf die Möglichkeit eines nachträglichen Sitzungsausschlusses hinweisen.
„Die Störer erhalten dadurch auch Gelegenheit, durch ihr
weiteres Verhalten (zum Beispiel sofortige Beendigung der
Störung oder Entschuldigung) die Entscheidung über einen
späteren Sitzungsausschluss noch zu beeinflussen“,
heißt es in der Beschlussempfehlung des Ausschusses.
Ansehen und Würde des Bundestages wahren
CDU/CSU, SPD und FDP waren sich im Ausschuss darin einig, dass die erweiterten Ordnungsmaßnahmen notwendig sind, „um das Ansehen und die Würde des Bundestages zu wahren und ihn nicht der Lächerlichkeit preiszugeben“.
Die Erfahrungen aus der Zeit der Weimarer Republik hätten
gezeigt, dass man einer öffentlichen Verächtlichmachung
der Demokratie und ihrer Institutionen bereits in den Anfängen
entgegentreten müsse.
Eingriff in die Statusrechte der Abgeordneten
SPD und FDP im Ausschuss hätten der Einführung eines Ordnungsgeldes al neues Ordnungsmittel den Vorzug gegeben, heißt es weiter, weil dieser Eingriff in die Statusrechte der Abgeordneten weniger schwerwiegend sei. Die Linke sah keine Notwendigkeit, die bestehenden Ordnungsmittel zu erweitern, weil die Ereignisse dafür keinen Anlass gäben.
Bündnis 90/Die Grünen lehnten die Änderung ab , weil
eine verbindliche Auslegung des Merkmals „gröbliche
Verletzung der Ordnung“ fehle. Auch stelle die Neuregelung
einen „verfassungsrechtlich bedenklichen“ Eingriff in
die Statusrechte der Abgeordneten dar.
Redaktionsstab soll Gesetze verständlicher machen
Eine weitere Änderung der Geschäftsordnung sieht vor, dass ein beim Deutschen Bundestag eingerichteter oder angesiedelter Redaktionsstab die Ausschüsse bei der sprachlichen Abfassung von Gesetzentwürfen berät.
Zur Begründung heißt es, die sprachliche Richtigkeit und
Verständlichkeit von Gesetzestexten sei ein besonderes
Anliegen aller Fraktionen. Gesetzestexte litten immer wieder an
sprachlicher Ungenauigkeit und seien zum Teil nur schwer
anwendbar.