Altbundespräsident Walter Scheel wird 90
Walter Scheel, der frühere Bundespräsident, Bundestagsvizepräsident und Außenminister, feiert am Mittwoch, dem 8. Juli 2009, seinen 90. Geburtstag. Der FDP-Politiker gehörte dem Bundestag von 1953 bis 1974 an.
Geprägt durch den Krieg, hielt es der aus
Solingen-Höhscheid im Rheinland als Sohn eines Stellmachers
geborene Scheel nach 1945 für seine Pflicht, politische
Verantwortung zu übernehmen. Nach dem Abitur in Solingen hatte
Scheel eine Banklehre absolviert und war anschließend zum
Kriegsdienst einberufen worden, aus dem er 1945 als Oberleutnant
der Luftwaffe zurückkehrte.
Vom Landtag in den Bundestag und ins Europaparlament
Von 1945 bis 1950 arbeitete Scheel als Prokurist und Geschäftsführer der Stahlwarenfabrik seiner Vaters. Später war er Verbandsgeschäftsführer, ab 1953 selbstständiger Wirtschaftsberater in Düsseldorf. 1946 trat er in die FDP ein, wurde Stadtverordneter in Solingen. Von 1950 bis 1953 gehörte er dem Landtag von Nordrhein-Westfalen an.
Während seiner Zeit als Bundestagsabgeordneter war er von 1955
bis 1957 Mitglied der Gemeinsamen Versammlung der Europäischen
Versammlung für Kohle und Stahl und von 1958 bis 1961 Mitglied
des Europaparlaments, wo er als stellvertretender Vorsitzender der
Liberalen Fraktion fungierte und außerdem Präsident des
Ausschusses für die Zusammenarbeit mit
Entwicklungsländern war.
Bundestagsvizepräsident von 1967 bis 1969
1961 berief ihn Bundeskanzler Konrad Adenauer (CDU) zum Minister für wirtschaftliche Zusammenarbeit, ein Amt, das er bis zum seinem Rücktritt am 27. Oktober 1966 und damit dem Zerfall der CDU/CSU-Koalition innehatte. Von 1967 bis 1969 war Walter Scheel Vizepräsident des Deutschen Bundestages.
1968 wurde er in Freiburg mit großer Mehrheit zum neuen
FDP-Vorsitzenden und Nachfolger von Erich Mende gewählt.
Scheel modernisierte die Partei grundlegend und rückte sie an
die Seite der SPD. Zusammen mit Willy Brandt gilt er als Architekt
der Ostpolitik.
Bundespräsident von 1969 bis 1974
Als Außenminister amtierte Scheel von 1969 bis 1974, dem Jahr, in dem ihn die Bundesversammlung als Nachfolger von Dr. Gustav Heinemann zum vierten Bundespräsidenten wählte. Seine bisherigen Ämter als Parteivorsitzender, Vizekanzler und Außenminister übernahm Hans-Dietrich Genscher. Scheel wurde nach seinem Ausscheiden aus dem Bundespräsidentenamt zum Ehrenvorsitzenden der FDP ernannt.
War Scheels Nachfolger im höchsten Staatsamt, Karl Carstens
(CDU), der "wandernde Bundespräsident", so galt Scheel als
"singender Bundespräsident", seit er 1974 mit dem Lied "Hoch
auf dem gelben Wagen" einen Hit landen konnte.