Berlin: (hib/AS) Die bulgarische Europa-Ministerin Gergana Grancharova hat eingeräumt, dass es in den ersten Monaten nach dem Beitritt ihres Landes zur EU 2007 zu Verzögerungen bei der Umsetzung von Reformen gekommen sei. Gleichzeitig bat sie am Mittwochvormittag im Europaausschuss um Geduld, damit die angestoßenen Änderungen wirksam werden können. "Wir haben die Lehren aus dem Jahr der Verzögerungen gezogen", sagte sie. Mit Blick auf die von der EU-Kommission im Juli 2008 veröffentlichten sogenannten Fortschrittsberichte erklärte sie: "Die Berichte waren ein Warnsignal." Darin war festgestellt worden, dass in den Bereichen Justizreform und Korruptionsbekämpfung in Bulgarien nur unzureichende Fortschritte gemacht wurden. Sechs Monate später erklärte die Europaministerin dazu jetzt: "Der politische Wille ist da und wir wissen, welchen Weg wir einschlagen sollen". Die Herausforderung läge vor allem in der Umsetzung der Gesetze. Als einen problematischen Bereich nannte sie das öffentliche Vergaberecht. Positive Reformbeispiele seien hingegen die Revision des Strafgesetzbuches und die Änderung des Gesetzes über die Finanzierung politischer Parteien.
Der Vertreter der CDU erklärte, dass die Besorgnisse gegenüber Bulgarien gewachsen seien, weil die Anstrengungen des Landes nachgelassen hätten. Die SPD schloss sich den geäußerten Bedenken an. Gleichzeitig bekräftigte die SPD, dass sie sich auch heute wieder für einen Beitritt Bulgariens zur Europäischen Union aussprechen würde: "Ein Nicht-Beitritt hätte sehr viel mehr Komplikationen gebracht", so die Sozialdemokraten. Ein weiteres Problem sei, dass die Korruption sehr weit verbreitet sei. Die FDP betonte ebenfalls, dass vor allem die Korruption bekämpft werden müsse. Die Fraktion warf die Frage auf, wie in Zukunft sichergestellt werden könne, dass Länder die der Gemeinschaft beitreten, auch nach dem Beitritt ihre Pflichten so erfüllen könnten, dass Korruption vermieden werde.
Die Linke gab zu bedenken, dass das Vertrauen der bulgarischen Bevölkerung in die EU gesunken sei und nur noch bei 43 Prozent läge. Zudem wollte die Linke wissen, wie die ebenfalls von der EU bemängelte Lage der Minderheit der Roma in Bulgarien sei. Bündnis 90/ Die Grünen wollte von der Ministerin Auskunft über die Entscheidung des bulgarischen Parlaments, als Reaktion auf die Gaskrise das umstrittene Atomkraftwerk Kosloduj wieder anzuschalten. "Es ist wichtig, dass Bulgarien vertragstreu ist", so ein Grünen-Abgeordneter. Daraufhin erklärte Grancharova, dass sich die Regierung bewusst sei, "dass sie sich an Vereinbarungen halten muss, die sie eingegangen sei".
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