Berlin: (hib/HAU) Die von der Bundesregierung im Gesetz zur Änderung der Förderung von Biokraftstoffen ( 16/11131) vorgesehene Verschiebung der Anhebung der Biokraftstoffquote auf das nächste Jahr wird von Experten unterschiedlich beurteilt. Das wurde während einer Anhörung des Umweltausschusses am Mittwochvormittag deutlich. Die ursprünglich für Anfang dieses Jahres vorgesehene Erhöhung der Biosprit-Quote von 5,25 auf 6,25 Prozent soll laut Gesetzentwurf erst ab 2010 gelten und dann bis 2014 auf diesem Niveau belassen werden. Während Vertreter der Mineralölindustrie die Quotensenkung begrüßten, forderte Greenpeace die Abschaffung der Biokraftstoffquote, die als "klimapolitischer Unsinn" bezeichnet wurde. Der Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie hingegen verlangte die Beibehaltung der Quote, da sonst eine gesamte Branche "an die Wand gefahren" werde.
Als "tragfähigen Kompromiss" bezeichnete Klaus Picard vom Mineralölwirtschaftsverband die geplante Regelung. Allerdings sie auch die Quote von 5,25 Prozent nur schwierig zu erreichen. Besser wäre aus Sicht des Mineralölwirtschaftsverbandes eine Quote von 4,8 Prozent. Picard verwies darauf, dass für die Quotenerreichung ab 2010 die flächendeckende Einführung von E10 (Kraftstoff mit 10 Prozent Ethanol) erforderlich sei. Dies führe zu erheblichen Mehrkosten für Autofahrer. Auch der ADAC befürchtet eine "Verteuerung der Mobilität" durch den Zwang zum Einsatz von Biokraftstoffen. Dies sei "nicht akzeptabel". Im Übrigen sei noch immer nicht "verlässlich geklärt", welche Autos Ethanol nutzen könnten, sagte der ADAC-Vertreter Michael Niedermeier. Aus Sicht des Bundesverbandes Freier Tankstellen ist die Absenkung der Gesamtquote unzureichend, sagte Hauptgeschäftsführer Axel Graf Bülow. Die Quotenerfüllung könne nur gelingen, wenn die Dieselabsätze bei mindestens 60 Prozent liegen würden. Dies sei bei mittelständischen Firmen nicht erreichbar. "Der Mittelstand zahlt die Zeche", führte er aus.
Biosprit sei nicht "per se" Bio, sagte Corinna Hölzel von Greenpeace. Die Bezeichnung "Agrosprit" sei daher sinnvoller. Dieser Agrosprit sei weder nachhaltig, noch trage er zum Klimaschutz bei. Durch die Quote komme es lediglich zu einer stärkeren Flächenkonkurrenz und damit zu steigenden Lebensmittelpreisen. Daher plädiere Greenpeace für die Abschaffung der Biokraftstoffquote. Die Klimaziele der Bundesregierung müssten durch geeignetere Maßnahmen erreicht werden, sagte Hölzel. Die Biokraftstoffindustrie habe in die Politik vertraut und in den Ausbau investiert, betonte Johannes Lackmann vom Verband der Deutschen Biokraftstoffindustrie. Statt der versprochenen Quotenerhöhung werde diese nun gesenkt. Das sei mit einem hohen Maß an Vertrauensverlust verbunden, so Lackmann. Diesen "unglaublichen Vorgang" könne die Branche nicht überleben. Lackmann wandte sich auch gegen die These von der erheblichen Preissteigerung beim Einsatz von Biokraftstoffen. Dies sei ebenso falsch, wie die Aussage, die Quote sei nicht zu erfüllen.
Über positive Erfahrungen bei der Biodieselnutzung berichtete Anne-Kathrin Bacher von der Arriva Deutschland GmbH, "dem einzigen Schienenverkehrsunternehmen, das Biodiesel einsetzt". Man habe mit dem Einsatz von Biodiesel gute Erfahrungen gemacht, so Bacher. Wichtig sei ihrem Unternehmen die Nachhaltigkeit des Kraftstoffs, weshalb man auf die regionale Herkunft achte. Im Interesse eines funktionierenden Wettbewerbs plädierte Bacher dafür, die Nutzung von Biodiesel zum Bestandteil von Streckenausschreibungen zu machen.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Saskia Leuenberger
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Claudia Heine,
Sebastian Hille, Michael Klein, Hans-Jürgen Leersch, Johanna
Metz, Annette Sach, Helmut Stoltenberg, Alexander Weinlein