Berlin: (hib/AW) Die Situation des Sanitätsdienstes in der Bundeswehr hat sich erheblich verschlechtert. Dies geht aus dem Jahresbericht 2008 ( 16/12200) des Wehrbeauftragten Reinhold Robbe hervor, den er am Donnerstag an Bundestagspräsident Norbert Lammert übergab. Im Zentrum des Berichtes stehen die Sicherheit und die Gesundheit der Bundeswehrsoldaten vor allem in den Auslandseinsätzen, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie die Attraktivität des Dienstes in den deutschen Streitkräften. Auch die Zahl der Eingaben beim Wehrbeauftragten ist von 5.276 im Jahr 2007 auf 5.474 im Jahr 2008 wieder gestiegen.
"Besondere Sorge" bereitet dem Wehrbeauftragten der Sanitätsdienst. Seine gegenwärtige Struktur werde "den veränderten Herausforderungen und dem neuen Aufgabenprofil" einer Einsatzarmee nicht gerecht". Robbe verweist darauf, dass im vergangenen Jahr annähernd 100 Sanitätsärzte die Bundeswehr durch einen Wechsel in ein Beamtenverhältnis auf Landesebene oder durch Kündigung verlassen hätten. "Die Abwanderungsquote hat sich damit gegenüber dem Vorjahr nahezu verzehnfacht", schreibt Robbe in seinem Jahresbericht. Das Problem werde dadurch verschärft, dass größtenteils junge Sanitätsoffiziere die Bundeswehr verlassen hätten. Zudem sei die Bewerberzahl der Sanitätsoffiziersanwärter im vergangenen Jahr um 22 Prozent zurückgegangen.
Den Streitkräften fehlen nach Angaben Robbes derzeit rund 430 Sanitätsoffiziere. Dies führe zu "unverhältnismäßigen Belastungen durch zu hohe Einsatzhäufigkeit" für das Sanitätspersonal, häufige Arztwechsel, lange Wartezeiten und unzureichende ärztliche Betreuung bei den Soldaten. Aus Robbes Sicht ist "die Motivation der Ärzte in der Bundeswehr in erschreckendem Ausmaß ,gekippt'." Es gebe deutlichen Anzeichen für eine vermehrte "inneren Kündigung von Sanitätsoffizieren".
Erhebliche Defizite bestehen nach Robbe auch in der Versorgung der traumatisiert aus einem Auslandseinsatz zurückgekehrten Soldaten. Die Zahl der an Posttraumatischen Belastungsstörungen (PTBS) leidenden Soldaten sei von 83 im Jahr 2006 auf 226 im Jahr 2008 gestiegen. "Umfassende Hilfen für traumatisierte Soldaten sind in der Bundeswehr trotz der seit Jahren bestehenden zunehmenden Problematik aber erst im Aufbau", schreibt der Wehrbeauftragte. Zudem sei von den 40 Dienstposten für Psychiater nur die Hälfte besetzt. Robbe fordert Bundeswehr und Bundesverteidigungsministerium deshalb auf, den Beschluss des Bundestages, die Betreuung und Behandlung von traumatisierten Soldaten deutlich zu verbessern, auch schnell umzusetzen.
Robbe bemängelt in seinem Bericht, dass die Bundeswehr den unterschiedlichen Familiensituationen und Lebensbedürfnissen ihrer Soldaten zu wenig Rechnung trage. Die Zahl der Eingaben zum Thema Vereinbarkeit von Familie und Dienst habe sich seit seinem Amtsantritt im Jahr 2005 von 53 auf 141 nahezu verdreifacht. Dies sei auch kein frauenspezifisches Problem, die Mehrzahl der Eingaben stamme inzwischen von männlichen Soldaten. Robbe mahnt in seinem Bericht deshalb konkret eine Verbesserung bei der Kinderbetreuung an und fordert moderne Arbeitszeitmodelle.
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