Berlin: (hib/KOS) Auf die vielfältige Unterdrückung ethnischer, religiöser und sexueller Minderheiten im Iran und im Irak machten am Mittwochabend die Sachverständigen bei einer Anhörung des Menschenrechtsausschusses aufmerksam. Die Repressalien reichten dabei von Benachteiligungen im Berufsleben und Bildungswesen über Friedhofsschändungen, Plünderungen und Raubüberfälle bis hin zu willkürlichen Verhaftungen und drakonischen Haftstrafen. Professor Udo Steinbach vom GIGA Institut für Nahoststudien wies auf die Unterschiede zwischen beiden Ländern hin. So gebe es im Irak kein staatlich organisiertes Vorgehen gegen Minderheiten, deren Probleme resultierten vielmehr "aus der Schwäche der Zentralregierung". Im Iran hingegen, erläuterte Steinbach, seien Minderheiten Opfer einer von der Staatsspitze systematisch betriebenen Politik. Homosexualität werde zwar in der irakischen Gesellschaft weithin als "widernatürlich" abgelehnt, doch sei keine staatliche Verfolgung dieses Personenkreises zu beobachten. Im Iran indes werde Homosexualität offiziell bekämpft, es komme auch zu Verurteilungen.
Wie andere Sachverständige sagte Katajun Amirpur, dass sich im Iran seit dem Amtsantritt von Präsident Ahmadinedschad die Lage von Minderheiten massiv verschlimmert habe. Die Bahais und die Sufis seien die am stärksten gefährdeten religiösen Gruppen, weil sie als tolerante moslemische Glaubensgemeinschaften den Alleinvertretungsanspruch der radikal-islamischen Linie in Frage stellten. In einer schriftlichen Stellungnahme führt die Publizistin und Islamwissenschaftlerin aus, dass die Bahais, mit 350.000 Angehörigen die größte religiöse Minderheit, von willkürlichen Verhaftungen, Schändungen von Grabstätten, Exmatrikulationen an Hochschulen, Durchsuchungen, Drangsalierungen von Schulkindern oder durch die Aberkennung von Geschäftslizenzen betroffen seien. Professor Ingo Hofmann erklärte, sieben Spitzenvertretern der Bahais drohe die Todesstrafe, weil sie angeblich für Israel spioniert haben sollen. Der Sprecher der deutschen Bahai-Gemeinde bezeichnete die Mitglieder dieser Glaubensgemeinschaft als "Parias der iranischen Gesellschaft".
Ruth Jüttner betonte, dass sich im Iran auch die Situation ethnischer Minderheiten wie etwa der Kurden, der Turkmenen, der Belutschen oder der Aseris, die in ihrer Gesamtheit fast die Hälfte der Bevölkerung stellten, "signifikant verschlechtert" habe. Beispielsweise bekämen wegen ideologischer Überprüfungen bei Behörden oder in halbstaatlichen Unternehmen Angehörige dieser Gruppen dort oft keine Arbeit, kritisierte die Vertreterin von amnesty international. Bürgerrechtler seien häufig Repressalien und bewusst vagen Anklagen vor Gericht ausgesetzt. Aktivisten und auch Journalisten würden zudem unter dem Vorwand, sie unterstützten angeblich bewaffneten Widerstand aus den Reihen ethnischer Minderheiten, mit fragwürdigen Prozessen überzogen.
Eva Savelsberg vom Europäischen Zentrum für Kurdische Studien erläuterte, dass im Irak Christen und Jesiden im Prinzip nur außerhalb der autonomen Kurdenregion von Benachteiligungen und Übergriffen betroffen seien. Die kurdische Verwaltung versuche jedoch, die Flucht von Jesiden in ihren Bereich durch administrative Hürden zu behindern. Nahost-Experte Steinbach sagte, im Irak seien auch Christen und Jesiden keiner staatlichen Verfolgung ausgesetzt. Vor Angriffen durch andere gesellschaftliche Gruppen seien die Jesiden immerhin in ihren eigenen Siedlungsgebieten "relativ sicher". Für den Nahostexperten kann die Ansiedlung von Christen im kurdischen Norden nur eine Zwischenlösung sein. Tilmann Zülch von der Gesellschaft für bedrohte Völker meinte, die Mehrheit der Christen strebe "nach Westen": Sie hätten den Mut verloren und Angst, "dass ihr Leiden im Irak weitergeht".
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