Berlin: (hib/HLE) Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie hat am Mittwoch den Weg für den Bau neuer Höchstspannungsnetze und zur Erprobung unterirdisch über längere Distanzen verlegter Stromkabel freigemacht. Das Gremium billigte mit einigen Änderungen einen Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Beschleunigung des Ausbaus der Höchstspannungsnetze ( 16/10491). Die Koalitionsfraktionen Union und SPD sowie die FDP-Fraktion plädierten für den Entwurf, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stimmte dagegen, während sich die Linksfraktion enthielt. Mit dem Gesetz sollen neue Höchstspannungsleitungen mit vereinfachten Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller als bisher gebaut werden können. Damit soll sichergestellt werden, dass der Ausbau erneuerbarer Energien wie Windkraft fortgesetzt werden kann. Die Bundesregierung wies darauf hin, die neuen Trassen würden nicht wegen steigenden Stromverbrauchs gebaut, sondern weil sich die Energieerzeugung verändere. Der Anteil der überwiegend im Norden des Landes erzeugten Windenergie steige, und dieser Strom müsse nach Süden zum Verbraucher transportiert werden. Die vier Pilotprojekte zur Erdverkabelung kosten nach Angaben der Bundesregierung eine Milliarde Euro. Es gebe zahlreiche Unsicherheiten bei der Erdverkabelung im Höchstspannungsbereich, so die Regierung.
Die FDP-Fraktion forderte die Bundesregierung auf, bei den vier Pilotprojekten zur Erdverkabelung auf strikte Kostenkontrolle zu achten und keinesfalls Mehrkosten in Kauf zu nehmen. Auch müssten bestehende Trassen beschleunigt ausgebaut werden können. Dies solle nicht für alle Trassen gelten, sondern die beschleunigt auszubauenden Trassen müssten von der Regierung sorgfältig ausgewählt werden. Im gesamten Leitungsnetz gebe es einen großen Ausbaubedarf. Die Unionsfraktion wies darauf hin, dass Deutschland ein Transitland beim Energietransport sei. Daher müsse der Netzausbau forciert werden. Die SPD-Fraktion lobte die Pilotprojekte zur Erprobung unterirdisch verlegter 380-KV-Kabel, mit denen es bisher keine Erfahrungen gebe. Sie erwartet eine Beschleunigung des Netzausbaus durch das Gesetz unter anderem durch eine Verkürzung des gerichtlichen Instanzenweges. Nach dem Gesetzentwurf ist das Bundesverwaltungsgericht als erste Instanz für Klagen gegen den Netzausbau zuständig. Dies hatte der Bundesrat kritisiert und die Regierung aufgefordert, bei der Übertragung solcher Zuständigkeiten auf das Bundesverwaltungsgericht mehr Zurückhaltung zu üben.
Die Linksfraktion erklärte, sie könne dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, weil er Defizite bei der Bürgerbeteiligung und der regionalen Energieversorgung, zum Beispiel durch Kraft-Wärme-Koppelung, habe. Die Linksfraktion enthalte sich, "weil der Entwurf einer klimafreundlichen deutschen Energieversorgung nicht Rechnung trägt". Für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen greift der Gesetzentwurf wegen der Beschränkung auf Höchstspannungsnetze viel zu kurz. Dass die Erdverkabelung viel zu teuer sei, bezeichnete die Fraktion als "Lesart der Energiekonzerne". Erdkabel sollten nicht nur in den Pilotprojekten, sondern überall zur Anwendung kommen, forderte die Fraktion. Damit könne auch die Akzeptanz der Netze bei den Bürgern erhöht werden, da sich viele Proteste gegen Freileitungen richten würden. Höhere Akzeptanz werde auch zu einer Beschleunigung führen. Eine Beeinträchtigung von Bürgerrechten durch Einschränkungen der Klagemöglichkeiten lehnte die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ab.
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