Berlin: (hib/JOH) Ob und wann es eine Aufnahme von Guantánamo-Häftlingen in Deutschland geben wird, ist nach Aussagen der Bundesregierung am Mittwochabend im Menschenrechtsausschuss weiterhin unklar. Zwar habe der Sonderbeauftragte des US-Außenministeriums für Guantánamo dem Bundeskanzleramt am 29. April entsprechende Unterlagen und eine Liste mit Namen übergeben, erklärte ein Vertreter des Bundesinnenministeriums (BMI). Eine offizielle Anfrage seitens der USA liege somit vor und die Bundesregierung werde eine Aufnahme von Gefangenen nun sorgfältig prüfen. Einen Zeithorizont für diese Prüfung könne man jedoch nicht nennen, sagte er. Allerdings werde man diese auch nicht auf die lange Bank schieben, fügte ein Vertreter des Auswärtigen Amtes hinzu. Grundsätzlich kämen nach Angaben des BMI für eine Aufnahme nach Paragraf 22 des Aufenthaltsgesetzes nur Häftlinge in Frage, die den Status "Cleared for release" inne hätten, also als unschuldig eingestuft würden. Dennoch müssten Sicherheitsaspekte nochmals in die Prüfung miteinbezogen werden. Auch außenpolitische Erwägungen spielten eine Rolle. Für diese Prüfung sei das Auswärtige Amt zuständig.
Der Vertreter des Auswärtigen Amtes wollte im Ausschuss, auch auf mehrfache Nachfrage der Abgeordneten, weder konkrete Namen noch die Staatsangehörigkeit der auf der Liste genannten Personen nennen und entsprechende, bereits sehr konkrete Presseberichte ebenfalls nicht bestätigen. Er begründete dies gegenüber den Parlamentariern auch mit der Zusage an die USA, Details bis auf weiteres vertraulich zu behandeln. Diese Zurückhaltung stieß bei allen Fraktionen auf Kritik. So forderten Linksfraktion und FDP die Bundesregierung auf, offen mit ihren Informationen umzugehen und die Namen der Gefangenen auf der Liste sowie ihre Herkunft anzugeben. Auch die Grünen verlangten "klare Auskünfte" und betonten, eine Geheimhaltung sei nicht nötig.
Ungeachtet dieser Vorwürfe begrüßten die Fraktionen mehrheitlich eine Aufnahme von Häftlingen. Die SPD betonte, eine solche Aufnahme sei auch eine Angelegenheit Deutschlands, "wenn wir unserem Anspruch an Humanität gerecht werden wollen". Nach Ansicht der Grünen sollte Deutschland sich der Verantwortung, den USA zu helfen, stellen. Einzig die Unionsfraktion wies erneut darauf hin, dass die USA "die Menschen, die sie eingesperrt haben, auch aufnehmen sollten". Zugleich fragte sie, ob Meldungen zutreffend seien, nach denen sich die US-Bundesstaaten geweigert hätten, Guantánamo-Häftlinge aufzunehmen. Der Vertreter des Auswärtigen Amtes erklärte daraufhin, Aussagen des amerikanischen Außenministeriums zufolge habe die US-Regierung keine Möglichkeit, eine Aufnahme durch die Bundesstaaten zu erzwingen. Offenbar gebe es dort tatsächlich Widerstände. Die SPD wandte ein, dass auch in Deutschland die Bundesländer einer Aufnahme von Gefangenen zustimmen müssten. Sie fragte weiterhin, ob die USA Wiedergutmachungszahlungen für die zu Unrecht inhaftierten Häftlinge vorsehe. Der Vertreter des Auswärtigen Amtes erklärte, dass es hierfür bislang keine Anhaltspunkte gebe.
Die Unionsfraktion betonte, sie habe "kein Verständnis dafür, dass diese Menschen keine Entschädigung bekommen sollen". Außerdem wies sie darauf hin, dass bei einer Aufnahme von Gefangenen in Deutschland erhebliche Mittel zur Integration notwendig seien. Ein Angebot der USA, die aufnehmenden Länder finanziell zu unterstützen, läge bisher jedoch ebenfalls nicht vor, erklärte die Bundesregierung.
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