Berlin: (hib/HAU) Der Vorstoß des Bundesrates, die Ausbildung in verschiedenen Medizinberufen außer an staatlich anerkannten Fachschulen auch an Hochschulen zu ermöglichen, wird von den betroffenen Berufsverbänden begrüßt. Das wurde am Montagnachmittag bei der öffentlichen Anhörung des Gesundheitsausschusses zu einem von der Länderkammer vorgelegter Gesetzentwurf ( 16/9898) deutlich. Der Entwurf sieht erweiterte Möglichkeiten bei der Berufsausbildung von Hebammen, Logopäden, Physio- und Ergotherapeuten vor. Die mit der vorgesehenen Modellklausel gemachten Erfahrungen sollen Bund und Ländern als Grundlage für die Weiterentwicklung der Berufsgesetze dienen, um die Ausbildungen dieser Berufe im europäischen Vergleich wettbewerbsfähig zu machen, heißt es in der Begründung.
Der Deutsche Bundesverband für Logopädie (DBL) nannte das Gesetzesvorhaben einen "deutlichen und begrüßenswerten Schritt in die richtige Richtung", dem weitere folgen müssten. International werde den Anforderungen des Berufes durch eine akademische Ausbildung schon länger Rechnung getragen. Deutschland sei das einzige Land, das diesen Vorgaben nicht folge, kritisierte der DBL. Die Einführung einer Modellklausel ermögliche Schritte zur Aufhebung der Benachteiligung deutscher Absolventen im europäischen Raum, der durch die derzeitige Gesetzeslage verursacht werde, ergänzte der Deutsche Verband der Ergotherapeuten. Auch aus Sicht der Einzelsachverständigen Professor Ursula Walkenhorst ist die europäische Mobilität "derzeit nicht möglich". Wünschenswert wäre eine Mobilität, die "in beide Richtungen geht". Als "überfällig" bezeichnete die Arbeitsgemeinschaft Medizinfachberufe den geplanten Schritt. Deutschland sei derzeit Schlusslicht bei der Ausbildung. Die Modellklausel werde zeigen, was die Akademisierung bringt, hieß es vom Deutschen Verband der Physiotherapeuten. Man sei jedoch von einem positiven Effekt überzeugt. Auch der Deutsche Pflegerat betonte, er stehe zur "Aufwertung der Berufsausbildung".
Skepsis überwog hingegen beim Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV). Es sei ein Trugschluss anzunehmen, dass eine Verbesserung der Ausbildung ausschließlich durch eine Akademisierung zu erreichen sei. Vielmehr sei dies auch durch eine Verbesserung der Fachschulausbildung möglich. Aus Sicht der GKV ist zu befürchten, dass bei einer Hochschulausbildung der Praxisaspekt nicht ausreichend berücksichtigt werde. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) sieht mit der Akademisierung der Ausbildung "keine Verbesserung bei der Versorgung der Patienten" verbunden. Die DKG plädierte für eine "Politik der kleinen Schritte", die Wert auf die Weiterentwicklung der bisherigen Berufsausbildung legen müsse. Eine weitere Akademisierung nichtärztlicher Gesundheitsberufe sei "nicht zwingend notwendig". Auf die Gefahr der Abwertung nichtakademischer Abschlüsse verwies die Dienstleistungsgewerkschaft verdi. Es müsse sich erst noch zeigen, ob die Ausbildung an Hochschulen wirklich besser sei. Verdi warnte, ie Modellversuche dürften nicht dem Selbstzweck dienen und müssten "nicht-interessengeleitet evaluiert werden". Zugleich sprach sich der Gewerkschaftsvertreter dafür aus, die Modellversuche bundeseinheitlich zu regeln.Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
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