Berlin: (hib/HAU) Die Einführung eines Finanzmarktwächters in Form einer neuen Behörde wird von Experten abgelehnt. Das wurde bei einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz am Mittwochmorgen deutlich. Verbraucherschützer sprachen sich ebenso wie Bankenvertreter und Vertreter der Finanzdienstleistungsaufsicht hingegen für eine Stärkung der bestehenden Institutionen aus.
Hermann Josef Tenhagen von der Stiftung Warentest sieht die Rolle eines Marktwächters von seiner Institution in Zusammenarbeit mit den Verbraucherzentralen durchaus ausgefüllt. Bislang fehle jedoch eine systematische Aufarbeitung der Beratungsergebnisse der Verbraucherzentralen, um daraus Schlussfolgerungen für die rechtliche und politische Weiterentwicklung des Verbraucherschutzes auf den Finanzmärkten abzuleiten. Außerdem mangele es an Geld, sagte Tenhagen. Die Marktbeobachtung solle durch eine "Verbraucherzentrale Finanzmarkt" mit hauptamtlich arbeitenden bundesweit vernetzten Experten erfolgen, regte Manfred Westphal vom Bundesverband der Verbraucherzentralen an. Dabei werde eine enge Kooperation mit der Stiftung Warentest angestrebt. Die Gründung einer neuen Institution sei daher nicht nötig, so Westphal. Eine bessere finanzielle Ausstattung der Verbraucherzentralen forderte Klaus Müller von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen. Derzeit könne man nur fünf Prozent der Beschwerden aufgreifen. Eine systematische Marktbeobachtung sei so nicht zu gewährleisten. Auch Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen sprach von einer "strukturellen Überforderung". Die derzeitige personelle und organisatorische Kompetenz reiche nicht aus.
Thorsten Höche vom Bundesverband deutscher Banken verwies auf die Anstrengungen, die private Banken unternommen hätten, um den Verbraucherschutz zu verbessern. Sein Verband verfolge ein "verbraucherpolitisches Gesamtkonzept", so Höche. Schon im Jahr 1992 habe man zudem ein Kundenbeschwerdeverfahren eingerichtet. Auch Höche konnte keinen Bedarf für eine neue Institution erkennen. Hingegen gelte es die vorhandenen Möglichkeiten besser zu nutzen, etwa durch die Schaffung eines einheitlichen Qualitätsstandards für Kundenbetreuungssysteme. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) will keine weitergehende Kompetenzausweitung für den Verbraucherschutz und sieht sich daher auch nicht als "Finanzmarktwächter im Verbraucherschutz", wie BaFin-Vertreter Michael Sell deutlich machte. Die BaFin sei eine "Solvenzaufsicht und keine Produktaufsicht". Sie sei nicht für die Entscheidung von Streitigkeiten zwischen Verbrauchern und Instituten zuständig. Für diese Rolle ist aus Sicht der BaFin auch ein Finanzmarktwächter wenig geeignet. Sinnvoller erscheine dagegen eine gemeinsame Ombudsstelle für Finanzprodukte, sagte Sell.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Saskia Leuenberger
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Claudia Heine,
Sebastian Hille, Michael Klein, Hans-Jürgen Leersch, Johanna
Metz, Annette Sach, Helmut Stoltenberg, Alexander Weinlein