Berlin: (hib/MIK) "Ich komme nicht in fröhlicher Stimmung". Dies erklärte Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) am Mittwochnachmittag im Haushaltsausschuss bei der Vorlage des Entwurfs des zweiten Nachtrags zum Bundeshaushalt 2009, den das Kabinett am Vormittag verabschiedet hatte. Danach steigt die Neuverschuldung in diesem Jahr um weitere 10,7 Milliarden Euro auf insgesamt 47,6 Milliarden Euro. Notwendig wurde dies vor allem wegen fehlender Steuereinnahmen, betonte Steinbrück. Nach jüngsten Schätzungen sollen diese in diesem Jahr um 7,7 Milliarden Euro geringer ausgefallen als bisher angenommen. Damit werden sie lediglich 225,5 Milliarden Euro betragen. Außerdem müssen für den Gesundheitsfonds wegen der geringern Anzahl der Beitragszahler 4 Milliarden Euro zusätzlich aufgewendet werden.
Steinbrück begründete den Nachtragsetat mit der wegen der Wirtschaftskrise schlechteren gesamtwirtschaftlichen Ausgangslage. Sämtliche Wirtschaftsdaten würden zeigen, dass sich Deutschland in einer "außerordentlich heftigen Rezession" befinde. Deshalb erwarte die Bundesregierung in diesem Jahr einen drastischen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts in Höhe von sechs Prozent. Die Zahl der Arbeitslosen werde im laufenden Jahr um etwa 450.000 auf einen jahresdurchschnittlichen Stand von rund 3,7 Millionen steigen. Der Minister wies darauf hin, dass es neben dem Haushaltsplan mit dem "Finanzmarktstabilisierungsfonds" (SoFFin) und dem "Investitions- und Tilgungsfonds" zwei Nebenhaushalte gebe. Wie diese den Schuldenstand beeinflussen würden, könne bisher noch nicht gesagt werden, betonte Steinbrück.
Der Sprecher der Unionsfraktion bezeichnete den Entwurf des zweiten Nachtragsetats als "sachgebotene Anpassung". Um die Dramatik der Wirtschaftskrise zu verdeutlichen, erklärte er, dass zu Beginn der Haushaltsplanungen für dieses Jahr von einer Neuverschuldung von 10 Milliarden Euro ausgegangen worden sei. Bisher seien jedoch schon insgesamt 200 Milliarden Euro inklusive SoFFin und dem Tilgungsfonds ausgewiesen worden. Diese Verschuldung werde für die nächsten Jahre steigende Zinsausgaben nach sich ziehen. "Mir macht das Sorgen", sagte er. Wenn das so weiter gehe, werde die Politik handlungsunfähig. Der haushaltspolitische Sprecher der FDP-Fraktion räumte ein, dass jetzt Schulden gemacht werden müssten. Er warf der Regierung jedoch vor, dass sie in guten Zeiten zu wenig für schlechte Zeiten vorgesorgt hätten. Außerdem fehle jede Perspektive, wie es in den künftigen Jahren weiter gehen solle. Zudem interessierte ihn, ob die Regierung eine Haushaltssperre plane. Dies wurde sowohl vom Finanzminister als auch vom Sprecher der SPD-Fraktion zurückgewiesen. Dies wäre genau das falsche Signal. Die Linksfraktion kritisierte, dass die derzeitige Krise nicht als Chance genutzt werde, um zum Beispiel "unsinnige Rüstungsausgaben" zu streichen. Bündnis 90/Die Grünen betonte, die "extrem schwierige Lage" sei aber nicht völlig unvorhersehbar gewesen. Wie die Linksfraktion hielt auch der Sprecher der Grünen den Gesundheitsfonds für "Murks", in den man nicht noch mehr Geld hineinstecken sollte.
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Saskia Leuenberger
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Claudia Heine,
Sebastian Hille, Michael Klein, Hans-Jürgen Leersch, Johanna
Metz, Annette Sach, Helmut Stoltenberg, Alexander Weinlein