Berlin: (hib/CHE) Die Pläne der Bundesregierung, kurzfristig Beschäftigten einen leichteren Zugang zur Arbeitslosenversicherung zu ermöglichen, gehen laut Expertenmeinung zwar in die richtige Richtung, sind jedoch nur ein erster Schritt. Das wurde in einer öffentlichen Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag deutlich, in der der Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung der Vierten Buches Sozialgesetzbuch und anderer Gesetze ( 16/12596) zur Diskussion stand.
Wilhelm Adamy vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) betonte, die Zugangsbarrieren zur Arbeitslosenversicherung seien wegen der Zunahme von kurzfristigen Arbeitsverhältnissen so hoch, dass viele Menschen bei eintretender Arbeitslosigkeit direkt auf Hartz-IV angewiesen seien. "Der Gesetzentwurf bleibt jedoch hinter den Erwartungen zurück", stellte Adamy fest. Die Bedingung, das die neue Anwartschaftszeit von sechs Monaten überwiegend durch Beschäftigungsverhältnisse von nicht länger als sechs Wochen innerhalb einer zweijährigen Rahmenfrist erfüllt sein muss, ziele nur auf einen sehr kleinen Kreis von Anspruchsberechtigten. Ähnliche Bedenken äußerte auch der Schauspieler Thomas Schmuckert: "Diese Befristungen richten sich leider nicht nach den Arbeitsverhältnissen in der Film- und Theaterbranche. Die Begrenzung auf sechs Wochen ist erheblich zu kurz." Die durchschnittliche Dauer einer Film- oder Fernsehproduktion betrage drei bis sechs Monate, und viele Filmschaffende hinter der Kamera würden für einen weitaus längeren Zeitraum als sechs Wochen engagiert, sagte Schmuckert. Er appellierte an den Gesetzgeber, "uns aus dem Elfenbeinturm zu holen und in die Solidargemeinschaft zu integrieren und dennoch die Besonderheiten der Arbeitsverhältnisse zu berücksichtigen". Kritik an dem Vorhaben, die Anwartschaft für Arbeitslosengeldanspruch auf sechs Monate zu verkürzen, äußerte dagegen die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA). Es könne nicht ausgeschlossen werden, schreibt die BDA in ihrer Stellungnahme, dass "Anreize zur gezielten Überbrückung von Kurzzeitbeschäftigungen durch Arbeitslosengeldbezug geschaffen und Mitnahmeeffekte erzeugt werden".
Auch die geplante Rentengarantie lehnt die BDA ab und appelliert an die Bundesregierung, darauf zu verzichten. Sie schaffe unnötige Risiken für die künftige Finanzierbarkeit der Rentenversicherung und gefährde die gesetzlichen Beitragssatzobergrenzen. Außerdem dürfe der Gesetzgeber die mit der Garantie verbundenen Kosten nicht einseitig den Beitragszahlern überlassen, argumentiert die BDA. Auch die Rentenversicherung Bund äußerte sich skeptisch zu den Folgen einer gesetzlich festgeschriebenen Garantie, mit der Rentenkürzungen vermieden werden sollen. "Wenn die Annahmen der Bundesregierung im Hinblick auf die wirtschaftliche Entwicklung zutreffen, dann wird diese Garantie nicht zu einer Beitragssatzerhöhung führen. Wenn aber die pessimistischeren Annahmen der Wirtschaftsinstitute zutreffen, dann könne eine solche Erhöhung nötig werden", sagte Herbert Rische. Prof. Axel Börsch-Supan, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Mannheim, betonte, die langfristige Glaubwürdigkeit des Solidaritätsprinzips zwischen der jüngeren und der älteren Generation gehöre zu den Grundfesten der gesetzlichen Rentenversicherung und sollte gestärkt werden. "Einseitige Umverteilungsmaßnahmen wie das geplante Kürzungsverbot erreichen das Gegenteil", sagte Börsch-Supan.
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