Berlin: (hib/CHE) Der Übergang von Behindertenwerkstätten in den ersten Arbeitsmarkt sollte noch stärker erleichtert werden. Zudem sollte das sogenannte Persönliche Budget (PB), aus dem Menschen mit Behinderungen ihren individuellen Hilfebedarf finanzieren, auch ohne Anbindung an eine Werkstatt gewährt werden. So lauteten einige der Forderungen von Sachverständigen, die der Ausschuss für Arbeit und Soziales am Montagnachmittag zu einer Anhörung geladen hatte. Zur Diskussion stand ein Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ( 16/11207), in dem diese ein Gesamtkonzept zur beruflichen Teilhabe behinderter Menschen fordert.
"Man muss in vollem Umfang unterstützen, dass Menschen auch außerhalb von Werkstätten eine Förderung durch das Persönliche Budget genießen können", sagte etwa Jürgen Spatz von der Bundesagentur für Arbeit (BA). Ähnlich argumentierte auch Anton Senner von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Integrationsfirmen. Eine Ausweitung des Persönlichen Budgets über die Werkstätten hinaus sei schon deshalb nötig, weil die Angebote der Werkstätten oft nicht zu den Bedürfnissen der Betroffenen passen würden. Sich jedoch an andere Träger zu wenden, scheitere an der Hürde der engen Anbindung des PB an die Werkstätten. Andreas Bollmer, Vorsitzender der Bundesvereinigung Werkstatträte, wies in diesem Zusammenhang auf folgendes Problem hin: Die Antragsmodalitäten für das Persönliche Budget seien sehr kompliziert, weshalb es auch entsprechend wenig in Anspruch genommen werde. "Es ist schön, Wunsch- und Wahlfreiheit zu haben. Aber man braucht auch ein Korsett, an dem man sich ausrichten kann", sagte Bollmer.
Gegen die "Monopolstellung der Werkstätten" sprach sich Jürgen Dürrschmidt, Linken-Politiker aus Sachsen, aus. Zwar sei hier in den vergangenen Jahren einiges geschehen, aber unabhängige Träger würden nicht im gleichen Maße gefördert wie Werkstätten. Ferner forderte er, Menschen mit Behinderungen nicht als Bittsteller zu betrachten, sondern ihnen den Status von Arbeitskräften zu geben. Andreas Bollmer ergänzte an diesem Punkt, wenn man Menschen diesen Status gewähre, dann müssten sie auch die Möglichkeiten haben, diesen voll nutzen zu können. Für eine Öffnung der Werkstätten plädierte Marlies Kawohl, Lehrbeauftragte an der Hochschule Bremen. "Werkstätten müssen Dienstleister werden und mehr Dienste als bisher auch ambulant anbieten", forderte sie. Es müsse möglich sein, pflege- oder sozialpädagogische Leistungen "mitzunehmen", wenn man die Werkstatt verlässt. Kawohl wies aber auch auf die Erfolge der vergangenen Jahre hin: "Werkstätten sind im Umbruch." Sie müssten sich aber noch enger an den Bedürfnissen der Menschen mit Behinderungen orientieren.
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