Es gibt gute Gründe, einen Beitritt der Türkei zur Europäischen Union zu befürworten. Und ebenso gute Gründe, einen EU-Beitritt abzulehnen. Politische und ökonomische zum Beispiel. Schwieriger wird es, wenn vermeintlich historische Gründe angeführt werden, das Ja oder Nein zu untermauern. Der Politologe Heinz Kramer und der Islamwissenschaftler Maurus Reinkowski erteilen solchen historischen Argumentationen in ihrem Band über die Beziehungsgeschichte zwischen Europa und der Türkei völlig zu Recht eine Absage.
Die Autoren zeigen, wo seit dem sechsten nachchristlichen Jahrhundert zwischen dem sich bildenden Osmanischen Reich und Europa die Konflikte verliefen. Ebenso beschreiben sie die Hinwendung der modernen Türkei Richtung Europa nach dem Ersten Weltkrieg. Belege für einen nicht überwindbaren kulturell-zivilisatorischen Graben lassen sich aus der Geschichte jedoch ebenso wenig konstruieren, wie man die Unterschiede zwischen Okzident und Orient wegdiskutieren könnte. Die Frage nach einem EU-Beitritt lässt sich nur politisch, nicht historisch beantworten.
Heinz Kramer, Maurus Reinkowski:
Die Türkei und Europa. Kohlhammer Verlag, Stuttgart 2008; 213 S., 26 ¤