Den 1. Januar 2005 hatten chinesische Textilfabrikanten und -händler mit Spannung erwartet. Pullover, T-Shirts, Büstenhalter - alles sollten sie künftig in fast unbegrenzten Mengen in die EU verkaufen dürfen. Denn an diesem Tag lief das Welttextilabkommen aus. Drei Jahrzehnte lang hatte dieses System aus Einfuhrquoten die Märkte reguliert.
Tatsächlich legten die chinesischen Billig-Importe nach dem Stichtag kräftig zu. So kräftig, dass Fabrikanten aus Italien, Spanien, Frankreich und anderen Ländern in Brüssel auf die Barrikaden gingen. Nach nur sechs Monaten zogen die europäischen Handelsminister die Notbremse. Nach zähen Verhandlungen mit Peking wurde das Kontingent-System erst einmal wieder eingeführt.
Nun aber waren die großen Mode- und Kaufhausketten in Deutschland und anderen Ländern empört. Denn diese hatten schon Millionen von günstigen Kleidungsstücken aus Fernost bestellt und bezahlt. Die Quoten waren schnell ausgeschöpft - und die chinesischen Kleider stapelten sich in EU-Zollhäfen. Wochenlang herrschte Chaos. Die Händler warnten vor gewaltigen Umsatzverlusten, die Verbraucherschützer vor steigenden Preisen für die Kunden.
Schließlich gelangten die Europäische Union und China zu einem Kompromiss. Die schon gelieferten Kleider durften auf den europäischen Markt. Ende 2008 sollen die Quoten dann endgültig fallen. "China ist keine Bedrohung, sondern eine Chance", beschwichtigte EU-Ratspräsident Tony Blair. Händler und Kunden dürften erfreut sein. Aber "EU-Hersteller sollten sich warm anziehen", wie Chinas Handelsminister Bo Xilai nach den Verhandlungen mit einem Lächeln sagte.