Sachverständige nahmen im Haushaltsausschuss Stellung
Mehrere Sachverständige haben in einer Anhörung des Haushaltsausschusses zum zweiten Konjunkturpaket der Koalition am Montag, dem 9. Februar 2009, die vorgesehenen Maßnahmen als zu gering oder als konjunkturell wirkungslos kritisiert. Vereinzelt wurde auch Kritik an der mit dem Paket verbundenen starken Erhöhung der staatlichen Kreditnachfrage laut.
Der Vorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB),
Michael Sommer, bezeichnete den Gesetzentwurf von
CDU/CSU und SPD zur Sicherung von Beschäftigung und
Stabilität in Deutschland (
16/11740) als richtigen Schritt in die richtige
Richtung. "Wir hätten uns ein größeres und
schnelleres Programm gewünscht", sagte Sommer jedoch auch. Die
Wirkung der Abwrackprämie zeige, was schnelle Maßnahmen
bringen könnten. Zur Stärkung der Konjunktur müsse
ein Programm mit dem doppelten Volumen aufgelegt werden.
In der Stellungnahme des DGB heißt es weiter, Wirkungen für Wachstum und Beschäftigung seien von den geplanten Steuersenkungen nicht zu erwarten. Erfahrungen in den USA und Großbritannien hätten gezeigt, dass Steuersenkungen konjunkturpolitisch immer ineffizienter seien als höhere Staatsausgaben. Um die chronische Einkommens- und Konsumschwäche der deutschen Haushalte zu mindern, sei eine Anhebung der Hartz-IV-Sätze und die Einführung von Mindestlöhnen dringend erforderlich.
Auch Heiner Flassbeck von der Welthandelskonferenz
(UNCTAD) bezeichnete das Volumen des Programms als viel zu klein.
Ein Rückgang des Wirtschaftswachstums um dreieinhalb bis vier
Prozent sei nicht ausgeschlossen. Die Bundesregierung geht bisher
von einem Minus von 2,25 Prozent aus. Zudem sei die Wirkung
zeitlich zu kurz. Man gerate in ein deflationäres Szenario,
wenn nicht gegengesteuert werde, sagte Flassbeck.
Die Bundesvereinigung der kommunalen Spitzenverbände begrüßte die vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Infrastruktur. Der kommunale Investitionsbereich sei in den vergangenen Jahren beinahe zusammengebrochen. Es sei vernünftig, jetzt neue Programme aufzulegen und auch das Geld zum größten Teil in den Bildungsbereich zu stecken. Allerdings warnte die Bundesvereinigung vor allzu bürokratischen Regelungen.
Dr. Alfred Boss vom Institut für Weltwirtschaft in
Kiel forderte, die Staatsausgaben und Subventionen zu kürzen.
Die Subventionen und Finanzhilfen hätten sich 2007 auf 140
Milliarden Euro belaufen. Die Schuldenbremse müsse
möglichst rasch eingeführt werden und nicht erst
2020.
Boss sagte, er erwarte Preissteigerungen in der Baubranche. Die vorgesehenen Steuersenkungen würden lediglich einen Verzicht auf die tariflich bedingten Steuererhöhungen bedeuten. Die konjunkturellen Effekte der einmaligen zusätzlichen Kindergeldzahlung bezeichnete Boss als gering. Die Schulden jedes Bundesbürgers würden dadurch aber um 20 Euro steigen.
Dr. Gerd Rosenkranz von der Deutschen Umwelthilfe kritisierte, dass die Klimakrise nicht Ausgangspunkt des Programms sei. Steuersenkungen bezeichnete Rosenkranz als strukturkonservativ, weil das Geld für strukturverändernde Maßnahmen nicht mehr ausgegeben werden könnte.
Aus europäischer Sicht handele es sich um ein respektables Programm, erklärte Prof. Dr. Klaus Zimmermann vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung. Es werde aber keinen wesentlichen Beitrag liefern, die Krise in Deutschland einzudämmen. Maßnahmen wie die Abwrackprämie seien ein reines Strohfeuer.
Die langfristige Wirkung der Verschuldung könne jedoch
dramatische Wirkungen haben. Die Bürger würden dem Staat
irgendwann kein Geld mehr leihen wollen, wenn die Preise steigen
würden. Dann habe man den Beginn einer neuen Krise. Zimmermann
erwartet, dass die Baubranche aus Kapazitätsgründen nicht
in der Lage sein wird, in größerem Umfang neue
Maßnahmen durchzuführen, die mit dem Konjunkturprogramm
finanziert werden sollen.
Liste der geladenen Sachverständigen