Konrad Porzner sagte vor dem Untersuchungsausschuss aus
Mit Entschiedenheit widersprochen hat Konrad Porzner, Präsident des Bundesnachrichtendienstes (BND) bis 1996, dem in internen Pullacher Unterlagen niedergelegten Vermerk, er habe im November 1995 die Wiederaufnahme der 1994 eingestellten Observation des Publizisten Erich Schmidt-Eenboom angeordnet. Porzner sagte am 13. Februar 2009 vor dem Untersuchungsausschuss zum Auftakt der Zeugenvernehmungen: „Daran ist kein Wort wahr, diesen Schuh ziehe ich mir nicht an.“
Die 1993 gestartete und mit Unterbrechungen bis 2003 währende
Ausforschung Schmidt-Eenbooms ist der gravierendste Fall unter den
Bespitzelungsaktionen des BND gegen mehrere Journalisten,
mit denen sich derzeit das parlamentarische Gremium befasst.
Die Ausspähung von Medienschaffenden hatte der frühere Bundesrichter Gerhard Schäfer in einem im Mai 2006 veröffentlichten Bericht für das Parlamentarische Kontrollgremium (PKG) als teilweise rechtswidrig kritisiert. In dieser PKG-Expertise war auch der interne BND-Vermerk über die angeblich von Porzner verfügte Wiederaufnahme der Observation Schmidt-Eenbooms erwähnt worden.
Der Ausschussvorsitzende Siegfried Kauder (CDU/CSU) kommentierte
die Aussage Porzners mit den Worten: „Ihr Bericht hört
sich an wie aus dem Tollhaus.“ Offenbar sei Schmidt-Eenboms
Ausspähung „hinter Ihrem Rücken erfolgt“,
hielt der CSU-Parlamentarier Stephan Mayer dem Ex-Chef des
BND entgegen.
Hans-Christian Ströbele (Bündnis 90/Die Grünen) sah in dessen Ausführungen eine „echte Sensation.“ Norman Paech (Die Linke) meinte, die bisherige Vorstellung zu den Vorgängen um Schmidt-Eenboom werde „auf den Kopf gestellt“.
Ströbele verwies darauf, dass der in den neunziger Jahren im
Kanzleramt amtierende Staatsminister Bernd Schmidbauer und der
damals für die Eigensicherung des BND zuständige
Abteilungsleiter Volker Foertsch vor dem Ausschuss erklärte
hätten, Porzner sei für die Fortdauer der Observation
Schmidt-Eenbooms verantwortlich gewesen. Auch für SPD-Obmann
Michael Hartmanns ergibt sich angesichts der Widersprüche in
den Zeugenaussagen eine „neue Sachlage.“
Porzner erklärte, nach der Publikation eines auch auf Pullacher Quellen beruhenden kritischen Buchs Schmidt-Eenbooms über den BND zur Aufdeckung dieser internen Lecks im Herbst 1995 nicht nur Untersuchungen innerhalb des Geheimdiensts, sondern auch die Observation des Autors angeordnet zu haben.
Da diese – unter dem Decknamen „Emporio“ laufende
– Aktion erfolglos geblieben sei, habe er schon nach wenigen
Monaten deren Stopp verfügt. Der Zeuge bestritt energisch, bei
einer Sitzung im November 1995 die Wiederaufnahme der
Maßnahme angewiesen zu haben.
Er könne es sich nicht erklären und finde es „sonderbar“, dass zwei Monate später der Geheimschutzbeauftragte des BND einen entsprechenden Vermerk über dieses Treffen angefertigt habe. Hätte er schon während seiner Amtszeit und nicht erst durch den Schäfer-Bericht von diesem Vermerk erfahren, „dann hätte ich die Staatsanwaltschaft eingeschaltet“, so Porzner. Aus Sicht Ströbeles befinden sich in den BND-Akten möglicherweise „schriftliche Lügen“.
Der FDP-Abgeordnete Hellmut Königshaus fragte, ob vielleicht
Schmidbauer aus dem Kanzleramt am Präsidenten vorbei über
Foertsch die Fortsetzung von „Emporio“ angeordnet habe.
Damals habe er einen solchen Verdacht nicht gehegt, antwortete der
Zeuge. An der Sitzung im November 1995 hätten auch Schmidbauer
und Foertsch teilgenommen.
Porzner sagte, über den Umfang und die Intensität der von Foertsch mit zahlreichen Journalisten gepflegten Kontakte nicht unterrichtet gewesen zu sein. Erst später habe er erfahren, was Foertsch „so alles getrieben hat“. Er habe nicht vermutet, so Porzner, „dass Mitarbeiter Grenzen überschreiten".
Im weiteren Verlauf der Sitzung vernahm der
Ausschuss-Staatssekretär Dr. August Hanning vom
Bundesinnenministerium, der von 1998 bis 2005 Präsident in
Pullach war.
Liste der geladenen Sachverständigen