"Früher Vogel fängt den Wurm", sagt
ein altes Sprichwort. Ganz in diesem Sinne hat der Deutsche
Bundestag in Brüssel nur wenige Schritte vom Europaparlament
entfernt am 5. Februar sein neues Verbindungsbüro
eröffnet. In der sechsten Etage des nüchternen
Bürogebäudes am Square de Meeûs sind drei
Mitarbeiter der Bundestagsverwaltung und momentan sechs
Angehörige der Bundestagsfraktionen beschäftigt.
Gemeinsam mit ihren Kollegen in Berlin haben sie die Aufgabe, das
Parlament frühzeitig über europäische
Gesetzgebungsinitiativen und Rechtsetzungsfragen zu informieren.
Denn schätzungsweise 60 Prozent der Gesetze, die den Deutschen
Bundestag passieren, gehen von Brüssel aus.
Informationsdefizit
In der Vergangenheit war oftmals kritisiert
worden, dass der Bundestag nicht ausreichend oder auch zu spät
über bestimmte Projekte informiert worden war, wie etwa beim
Europäischen Haftbefehl oder auch der
Dienstleistungsrichtlinie. "Wir müssen uns darum kümmern,
wie die Gesetze zustande kommen, wenn noch Gestaltungsspielraum
besteht", sagte Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) bei
der Eröffnung des Büros am vergangenen Montag. Mit der
Einrichtung des Brüsseler Verbindungsbüros solle ein
Defizit beseitigt werden, "das uns immer wieder vorgehalten wird".
Auf Kritik an der Größe des Büros, erklärte
Lammert, dass sowohl die Vertretungen der 16 Bundesländer als
auch die Bundesregierung bei der Ständigen Vertretung mit
einer weitaus größeren Zahl an Mitarbeitern in der
belgischen Hauptstadt vertreten seien. Gleichzeitig verwies er
darauf, dass Bundestag und Bundesregierung auch oftmals
unterschiedliche Informationsbedürfnisse hätten.
Keine Konkurrenz
Der neue Präsident des Europaparlaments,
Hans-Gert Pöttering (CDU), sieht in dem neuen Büro aber
keine Konkurrenz. Er begrüßte die Eröffnung des
Büros als "Zeichen für das europapolitische Engagement
der Kollegen im Bundestag", so Pöttering.
Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms (FDP) sagte, dass
"Europapolitik in zunehmenden Maße Innenpolitik" sei. Die
Einrichtung des Büros geht auf einen Beschluss des Bundestags
vom 12. Mai 2005 zurück (
15/5493 ). Darin hatten sich alle Fraktionen
für die Einrichtung eines Verbindungsbüros ausgesprochen.
Vorbild waren dabei eine Reihe von anderen nationalen Parlamenten.
Von den 27 EU-Mitgliedstaaten sind momentan 22 mit einem Büro
in Brüssel vertreten.