Birgid Aschinger schaut aus ihrem Büro
im Paul-Löbe-Haus auf die Reichstagskuppel, über der an
diesem Morgen gerade die Wintersonne aufgeht. Schemenhaft sind die
Menschen zu erkennen, die sich schon in Scharen den
spiralförmigen Kuppelgang nach oben winden. Unten, am
Westeingang des Reichstagsgebäudes, stehen bereits die
nächsten Besucher - die Schlange ist fast immer lang: Bis zu
zwei Millionen Menschen Jahr für Jahr wollen die Kuppel
besichtigen; weitere 950.000 Gäste nutzen andere
vielfältige Angebote des Besucherdienstes.
Es ist Birgid Aschinger, die über dieses
"Besucherimperium" waltet: 50 Jahre alt, geboren in Bonn, leitet
sie seit Juli 2006 den Besucherdienst des Deutschen Bundestages.
Sie koordiniert 34 fest angestellte und rund 100 freie Mitarbeiter
und ein ganzes Spektrum von Angeboten für Menschen, die den
Bundestag einmal aus der Nähe erleben wollen: Mehrsprachige
Führungen durch die Gebäude, Vorträge auf den
Besuchertribünen, die Teilnahme an den Plenarsitzungen sowie
die Parlamentsausstellung im Deutschen Dom. Dazu kommen
Großveranstaltungen wie Jugendbegegnungen, Kindertage und die
jährliche Aktion "Jugend und Parlament". Bei dieser
können Jugendliche einmal selbst in die Rolle eines
Abgeordneten schlüpfen. "Eine spannende, vielseitige und sehr
umfassende Aufgabe", beschreibt Aschinger mit leiser und angenehm
sanfter Stimme ihre Arbeit. Was die ausgebildete Volljuristin
besonders stolz macht: "Wir können die Arbeit des Parlaments
den Menschen nahe bringen, die es gewählt haben", sagt sie.
"Und ich glaube, dass viele unserer Angebote dazu beitragen, dass
sie die Abläufe in Parlament und Politik besser verstehen.
Durch Rollenspiele können sie erfahren, wie schwierig der
Alltag eines Abgeordneten sein kann, und wie schwer es ist, einen
Kompromiss zu finden."
Kaum jemand kennt die Abläufe im
Bundestag allerdings so gut wie Aschinger selbst. 20 Jahre arbeitet
sie nunmehr im Haus, wenn sie durch die Gänge läuft, wird
sie häufig persönlich begrüßt - es ist
offensichtlich, dass die Kollegen die kleine Frau mit den
tiefschwarzen Haaren und dem aufgeschlossenen Lächeln
mögen.
Die 50-Jährige kennt den Bundestag aus
vielen Blickwinkeln. Sie hat vom wissenschaftlichen Dienst bis zum
Personalreferat in verschiedenen Abteilungen gearbeitet. Sie war
drei Jahre lang Referentin bei der früheren
Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth (CDU) und leitete
danach im damaligen "Organisationstechnischen Parlamentsdienst" den
Aufbau der Logistik in Berlin, als der Bundestag 1999 umzog. "Wir
waren sozusagen die Pioniere, die mit als erste da waren und die
Abgeordneten mit dem versorgten, was sie brauchen - vom Fahrdienst,
bis hin zu Post- und Reinigungsdiensten." Das Wissen um die
Strukturen des Hauses und die engen Beziehungen zu den Menschen,
die darin arbeiten, kommen ihr als Leiterin des Besucherdiens-tes
zugute. "Der Vorteil ist, wenn man etwas braucht, kennt man in
vielen Referaten die Ansprechpartner."
Mit den eigenen Mitarbeitern verhält
sich das nicht anders: Frau Aschinger spricht viel vom "Wir",
selten vom "Ich". Etwa wenn sie vom Erfolg des Besucherdienstes
erzählt und davon, dass Besucher nicht selten Dankesschreiben
schickten, wenn sie eine Führung besonders gelungen fanden:
Dann wird sie nicht müde, diejenigen namentlich zu
erwähnen, die sich konkret um Planung und Umsetzung der
Angebote kümmern. Noch sei sie, sagt Aschinger, "vollauf damit
beschäftigt, den Besucherdienst in allen Facetten kennen zu
lernen". Aber sie hat mit ihrem Team schon viele Pläne: Sie
möchte die Qualität des Angebotes weiter verbessern und
die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen intensivieren. Bald soll es
auch einen Evaluierungsbogen geben, mit dem die Besucher die
Angebote bewerten können. Aschingers Fazit nach acht Monaten
beim Besucherdienst: "Mir macht das alles sehr viel Spaß -
vor allem, weil ich von meiner Arbeit sagen kann: Ich habe mich
noch keinen Tag gelangweilt."