Der Bestseller-Autor Ken Follett hat ihnen
mit seinem Roman "Die Leopardin" ein belletristi-sches Denkmal
gesetzt: Den Frauen, die im Zweiten Weltkrieg für den
britischen Geheimdienst Special Operation Exekutive (SOE) im
besetzten Frankreich gegen die Deutschen kämpften. Mindestens
genauso spannend wie Folletts Roman, doch leider oft ohne Happy End
verliefen die tatsächlichen Einsätze der Agentinnen, wie
die Historikerin Monika Siedentopf in ihrem Buch "Absprung
über Feindesland" zeigt.
"Und nun steckt Europa in Brand!" Mit dieser
Aufforderung gab der britische Premier Churchill im Juli 1940 den
Startschuss für die Gründung der SOE. Das Mittel des
"ungentlemanly warfare", Sabotage und Guerilla-Kriegsführung
war aus der Not geboren. Im Spätsommer 1940 stand England mit
dem Rücken zur Wand: Frankreich war besiegt, die eigene Armee
geschlagen und von den Deutschen trennte die Briten nur der
Ärmelkanal. Die SOE-Agenten sollten im besetzten Europa den
Widerstand organisieren, Freischärler ausbilden, Waffen- und
Sprengstofflieferungen organisieren.
Die SOE-Sektion für Frankreich entschied
sich 1942, auch eine Abteilung mit weiblichen Agentinnen
aufzubauen. Frauen, so hoffte man, waren weniger verdächtig
als Männer. Die SOE-Leitung rekrutierte vor allem
Exil-Französinnen, denn gute Französisch-Sprachkenntnisse
waren entscheidend. Die Frauen waren völlig verschieden, kamen
aus allen sozialen Schichten, die älteste war 40, die
jüngste 20 Jahre alt. "Alle hatten bis zum Kriegsbeginn ein
normales, unauffälliges Leben geführt", schreibt
Siedentopf. Die Kapitulation der französischen Armee war
für die meisten späteren Agentinnen ein
Schlüsselerlebnis. "Ich (…) fand, dass man sich wehren
müsste. Da wollte ich mitmachen", erinnerte sich die Agentin
Lise de Baissac.
Hartes Training Vor dem
Einsatz absolvierten die Französinnen ein hartes
Trainingsprogramm und wurden auf ihre Kurier- oder Funkeraufgaben
vorbereitet. Große Illusionen machte sich die Londoner
Zentrale der SOE über die Erfolge ihrer Frauen-Truppe nicht:
Ihre Vorgesetzten rechneten mit einem durchschnittlichen
Einsatzzeitraum von drei Monaten, dann waren sie entweder in
Gefangenschaft geraten oder - mit Glück - auf dem Weg
zurück nach England.
Von 400 Agenten, die der SOE nach Frankreich
schleuste, waren 39 Frauen. Ein Drittel davon kostete der Einsatz
das Leben. So wie Violette Szabo. Die hübsche, sportliche
ehemalige Verkäuferin wurde nach dem Tod ihres Mannes bei El
Alamein von der SOE rekrutiert. Sie war 23 Jahre als sie in der
Nacht zum 8. Juni 1944 über einem Acker bei Limoges mit dem
Fallschirm absprang. Es war bereits ihre zweite Mission und es
sollte ihre letzte sein. Sie hatte den Auftrag, als Kurier für
einen Agentenring zu arbeiten. An einer Straßensperre kam es
zu einer Schießerei mit der Waffen-SS. Als sie ihr Magazin
leer geschossen hatte, wurde sie festgenommen. Monate später
starb sie im KZ Ravensbrück. So wie ihr erging es den meisten
gefangenen Agentinnen. Obwohl sie Offiziersränge bekleideten,
verweigerten die Deutschen ihnen die Behandlung als
Kriegsgefangene.
Monika Siedentopf schildert das Schicksal der
meist jungen Frauen bewegend. Ihr Buch ist keine wissenschaftliche
Abhandlung, sondern sie erzählt anrührend-unterhaltsam,
aber ohne Pathos vom Leben und Sterben der Agentinnen. Siedentopfs
Fazit der SOE-Einsätze fällt ernüchternd aus: "Das
Ziel, das Churchill (…) gesetzt hatte, Europa in Brand zu
stecken, wurde nicht annähernd erreicht." Trotzdem: Die
britischen Agentinnen haben ihren Beitrag zur Befreiung Europas
geleistet.
Monika Siedentopf:
Absprung über Feindesland. Agentinnen
im Zweiten Weltkrieg.
Deutscher Taschenbuch Verlag,
München 2006;
199 S.,14,50 Euro.