Über mehr als zwei Jahrzehnte gibt es
über Ayaan Hirsi Magan kaum Ungewöhnliches zu berichten.
Als Tochter eines somalischen Oppositionspolitikers wurde sie in
Somalia, Saudi-Arabien, Äthiopien und Kenia groß. Sie
war viel auf der Flucht, aber immer als "gute Muslima". Sie lernte,
dass Muslime von Gott auserwählt und die anderen, die
"Kuffar", "barbarisch" und "unrein" sind. Eine Zeitlang trug sie
freiwillig ein Hijab, ein Tuch, das ihren Körper
verhüllte. Unfreiwillig musste sie die Verstümmelung
ihrer Genitalien ertragen und einen Mann heiraten, den ihr Vater
ausgewählt hatte: einen Cousin in Kanada.
Erst die Zwangsheirat, gegen die sie sich
jahrelang gewehrt hatte, machte aus Ayaan Hirsi Magan Ayaan Hirsi
Ali - und damit eine Frau, die wie kaum eine andere in den
vergangenen Jahren die niederländische Öffentlichkeit
polarisierte. Auf dem Flug nach Kanada büchste die
23-Jährige bei einem Zwischenstopp in Düsseldorf aus.
Unter dem Geburtsnamen ihrer Mutter und unter Verschleierung ihrer
Reiseroute reiste sie in die Niederlande ein. Ihr neues Leben
begann in einem Wohnheim für Asylbewerber, in einem Land, in
dem sie sich willkommen fühlte: "Ich wäre nie zu der Frau
geworden, die ich bin, ohne die Offenheit, Gastfreundschaft und
Chancen, die mir Holland als Nation entgegenbrachte", schreibt
Hirsi Ali noch 2005.
Sie holt ihren Schulabschluss nach und
studiert Politikwissenschaft. Sie liest Spinoza, Popper und
Voltaire. Sie findet neue Freunde, zieht mit einem weißen
Mann zusammen und jobbt als Dolmetscherin für die
Ausländerpolizei. Dort lernt sie somalische Frauen kennen, die
ungewollt schwanger werden und zusammenbrechen; und solche, die von
ihrem Ehemann mit HIV infiziert werden und daran sterben.
Kurz nach dem 11. September 2001 wendet sie
sich erstmals an die Öffentlichkeit: mit der Forderung, den
"schwarzen Voltaires" dieser Welt zu ermöglichen, "in einer
sicheren Umgebung an der Epoche der Aufklärung für den
Islam zu arbeiten". Es folgt der kometenhafte Aufstieg einer Frau,
die sich im Verlauf der folgenden Jahre so radikal wie vielleicht
keine von ihr öffentlich vom Islam abwendet: Kurze Zeit
später fordert sie ein Verbot islamischer Schulen,
erklärt, dass Osama Bin Laden sich zu Recht auf die Religion
berufe und schreibt das Drehbuch für einen islamkritischen
Film, der seinem Regisseur Theo Van Gogh zum tödlichen
Verhängnis werden wird: Er erzählt von Frauen, die von
Verwandten vergewaltigt und geschwängert werden, die
ausgepeitscht werden, weil sie mit ihrem Freund schlafen. Die
Frauen sind unter einem durchsichtigen Tschador nackt und tragen
Koranverse auf ihrer Haut.
Hirsi Ali erfährt viel Solidarität
- und noch mehr Ablehnung. Vom Tode bedroht versteckt sie der
niederländische Staat vor der Öffentlichkeit. Die
Nachbarn beschweren sich über die ständige
Überwachung. Als ihre Parteifreundin und
Integrationsministerin Rita Verdonk sie schließlich wegen -
längst bekannt gewesener - falscher Angaben im Asylverfahren
ausbürgern möchte, ist das das Ende von Hirsi Alis Kampf
in den Niederlanden. Seit Herbst 2006 lebt sie in den USA.