Kiran Mazumdar-Shaw
Als der "Economist" die Erfolgsunternehmerin vorstellte,
ließ das Magazin einen Schlenker nicht aus, der
Geschäftsmännern eher selten zu teil wird: Wenn die
indische Bio-Tech-Branche ein Cover-Girl hätte, stand da
geschrieben, dann wäre es unzweifelhaft sie: Kiran
Mazumdar-Shaw, Gründerin des Erfolgsunternehmens Bio-Con und
mutmaßlich reichste Frau auf dem gesamten Subkontinent. Die
so Gelobte trug es mit Fassung: Wer so oft und erstmals 1982 zur
"Geschäftsfrau des Jahres", "Unternehmerin des Jahres" oder
"Karrierefrau des Jahres" gekürt wurde, den schrecken wohl
auch Titel wie "Ikone" oder "Girl" nicht mehr.
Ihre berufliche Karriere hatte die heute
53-Jährige als Brauerreimeisterin begonnen, dabei aber
festgestellt, dass es ihr als arbeitende indische Frau nahezu
unmöglich war, sich in diesem Metier durchzusetzen. Der Erfolg
kam wenig später auf anderen Wegen. Nur wenige Jahre, nachdem
Bill Gates und Steve Jobs Nacht für Nacht in ihren
amerikanischen Garagen die Grundsteine für ihre Megafirmen
Microsoft und Apple gelegt hatten, zog Kiran Mazumdar-Shaw sich mit
mit geliehenen 10.000 Rupien (170 Euro) in einen
Autounterstellplatz zurück -den sie im Vergleich zu Gates und
Jobs erst mieten musste.
Dort gelang es ihr, ein Enzym der
Tropenfrucht Papaya zu extrahieren - kurz bevor Produktion und
Handel von industriellen Enzymen voll in Schwung kamen. Die
Unternehmensgründerin produzierte fortan für Brauereien
und Lebensmittelhersteller, für die Textilbranche und die
Lederindustrie. Immer größeren Raum nahm
schließlich die Arbeit in der Forschungsabteilung ein, es
kamen die ersten Patente und eigene Medikamente.
Karriereschub
Heute ist Biocon mit einem Marktwert von mehr
als 1,2 Milliarden Dollar und jährlichen Umsatzsteigerungen
zwischen 30 und 100 Prozent und mit 1.200 Beschäftigten der
mit Abstand größte biopharmazeutische Konzern Indiens.
Außer der Enzym-Produktion spielt vor allem die Herstellung
von Insulin und Cholesterin-Senkern eine Rolle; in Zukunft soll
auch der Handel mit Krebs-Medikamenten sowie der Ausbau der
klinischen Test-Sparte noch einmal einen gehörigen Schub
bringen. Jobangeboten der Geschäftsführerin folgen die
Wissenschaftler inzwischen gerne - doch sie erinnert sich auch an
andere Zeiten. In der Frühphase ihrer Kariere bekam sie oft
Absagen: "Viele haben einer Frau schlicht nicht zugetraut, ein
Unternehmen zu führen."
Mittlerweile ist die mit einem Schotten
verheiratete Unternehmerin nicht nur in der Geschäftswelt eine
wichtige Persönlichkeit. Als Kunstsammlerin hat sie sich einen
Namen gemacht, als Patriotin und Kämpferin wider den
Brain-Drain, als Vorkämpferin für die Bürgerrechte,
aber auch in der Stadtpolitik: Bangalore erstickt an seinem eigenen
Wachstum. Das Verkehrschaos steht dem in Delhi oder im
philippinischen Manila in nichts nach, viele stehen täglich
bis zu drei Stunden im Stau. In einem Interview prangerte Kiran
Mazumdat-Shaw das in für indische Verhältnisse
ungewöhnlicher Offenheit an: "100.000 der brillantesten
Köpfe des Landes stecken hier ständig im Verkehr fest,
anstatt Indien in eine bessere Zukunft zu steuern. Wir Unternehmer
schreien uns heiser, aber die Politiker sind taub auf den
Ohren."