Der Vorstand der Commerzbank war schockiert.
So hatte er sich das Ergebnis einer internen Umfrage nicht
vorgestellt: Viele Mitarbeiterinnen beklagten sich über
mangelnde Karrierechancen und verlangten mehr
Entwicklungsmöglichkeiten. Das war Ende der 80er-Jahre. Heute
sind die Bankerinnen deutlich zufriedener, wie die letzte Umfrage
von 2005 ergab. Denn in der Zwischenzeit hat die Commerzbank
diverse Programme aufgelegt, um ihre Frauen zu fördern und die
Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu erleichtern. "Die Bank
wollte nicht mehr einfach die Hälfte der Belegschaft
ignorieren", erklärt Barbara David aus der Personalabteilung.
Von 24.600 Beschäftigten sind jetzt 51 Prozent weiblich.
Eines der neuen Projekte ist die
Tagesstätte "Kids & Co." im Frankfurter Zentrum, die
Kinder im Alter von neun Wochen bis sechs Jahren aufnimmt. Die
Öffnungszeiten sind auf gestresste Eltern abgestimmt: Von 7
bis 19 Uhr ist die Krippe geöffnet, die konsequent auf
Früherziehung setzt. So soll ein Kinderlabor den Forschergeist
schon bei Zweijährigen wecken. Englisch lernen sie beim "Toy
Talk".
Knapp 100 Vollzeitplätze kann die
Commerzbank an ihre Mitarbeiter vergeben, "trotzdem ist die
Warteliste ellenlang", sagt David. 10.000 Euro schießt die
Bank jährlich pro Vollzeitplatz zu, dennoch deckt dies
längst nicht die Kosten, so dass die Eltern die normalen
städtischen Kindergartenpreise zahlen müssen.
Zudem bietet die Commerzbank an 18 Standorten
eine Notfallhilfe an, die ganz unbürokratisch einspringt,
falls etwa morgens eine erkrankte Tagesmutter plötzlich
absagt. Dieser Service kann kostenlos 30 Tage im Jahr genutzt
werden.
Gut für das Image
Diese Angebote helfen nicht nur den
Mitarbeitern - sie dienen auch dem Unternehmen. "Wenn Eltern
über eine gute Kinderbetreuung verfügen, arbeiten sie
motivierter und konzentrierter", erläutert die Commerzbank auf
ihrer Homepage. Das Institut hat längst entdeckt, dass sich
mit familienfreundlichen Initiativen auch Werbung machen
lässt.
Die Zielgruppe der Projekte hat sich
inzwischen verbreitert. "Früher konzentrierten sich die
Programme nur auf die Frauen", erinnert sich David. "Heute richten
wir uns an alle Eltern." Erst ein Jahr alt ist etwa das Netzwerk
"Fokus Väter", das momentan "sechs Kernmitglieder" zählt,
wie Uwe Heidbrink berichtet. Der geschiedene Vater von zwei Kindern
verwaltet im Hauptberuf die Betriebsstätten der Commerzbank,
doch ehrenamtlich versucht er, das "Väterbild der Bank zu
verändern". So will er erreichen, dass auch für
Männer familienfreundliche Arbeitszeiten gelten. "Für
Väter ist es nicht immer einfach, Teilzeit bewilligt zu
bekommen", hat Heidbrink beobachtet. "Das ist noch ein kulturelles
Problem." Der Vorstand unterstütze zwar diese Initiativen,
aber im Mittelmanagement hakte es oft. Daher benennt Heidbrink als
eine seiner Hauptaufgaben "die Sensibilisierung der
Führungskräfte".
Momentan arbeiten 21 Prozent der
Commerzbank-Angestellten Teilzeit - davon sind 85 Prozent Frauen.
Auch ist es unverändert eine Seltenheit, dass ein Vater in der
Commerzbank Elternzeit nimmt. "Nur zwei Prozent entscheiden sich
bislang für diesen Schritt", sagt David.
Ein normaler Konzern
Die Gewerkschaften sind dennoch angetan von
den Initiativen. "Die Commerzbank ist eine der führenden
Banken bei der Familienfreundlichkeit", lobt etwa Herbert Bayer von
Verdi in Frankfurt. "Selbst in Krisenzeiten wurde das Programm
nicht eingestellt." In vielen anderen Banken hätten die Frauen
hingegen große Schwierigkeiten, wenn sie aus der Elternzeit
zurückkehrten.
Das Engagement der Commerzbank wurde
inzwischen auch öffentlich honoriert: Schon zwei Mal wurde sie
von der Hertie-Stiftung ausgezeichnet; gleich vier Mal erhielt sie
das "Total E-Quality Prädikat".
Dennoch ist die Commerzbank letztlich ein
sehr normaler Konzern geblieben: Im Management sitzen fast nur
Männer. In den Vorstand hat es bisher keine einzige Frau
geschafft, und auf der Führungsebene darunter sind auch nur
ganze 6 Prozent weiblich. Eine Stufe tiefer sind es 7 Prozent. Erst
auf der "dritten Führungsebene" finden sich 24 Prozent Frauen
- das entspricht dem Rang einer Filialleiterin. Wer es so weit nach
oben schafft, ist zudem meist kinderlos. "Mütter sind unter
den Managerinnen ganz selten", sagt David.
Die Commerzbank räumt auf ihrer Homepage
offen ein, dass ihre "Mitarbeiterinnen immer noch nicht so stark in
allen Funktionen und Führungsebenen vertreten sind, wie es
ihren Qualifikationen entsprechen würde". Daher bietet die
Bank Mentorinnenprogramme und Workshops an, wo sich
Durchsetzungsstrategien, Konfliktmanagement und Selbst-PR
trainieren lassen.
Aber es gibt auch Initiativen von unten: 300
Mitarbeiterinnen haben sich bundesweit zum Frauen-Netzwerk
"Courage" zusammengeschlossen. In Projekten analysieren sie die
Spielregeln der Macht in ihrer Bank oder üben sicheres und
souveränes Auftreten. "Frauen werden sehr leicht
übersehen", sagt Courage-Gründungsmitglied Jutta Frost.
"Aber Frauen tun oft auch nichts dafür, dass sie gesehen
werden." Die Sozialpädagogin, die in der Personalabteilung
arbeitet, hat immer wieder erlebt, dass Mitarbeiterinnen gar nicht
aufsteigen wollten. "Als Managerin hat man eine 60-Stunden-Woche.
Das beeinflusst das ganze Privatleben."
Die Autorin ist Wirtschaftsredakteurin bei der "tageszeitung"
in Berlin.