Frauen könnten so erfolgreich sein.
Längst legen mehr Mädchen als Jungen das Abitur ab,
schreiben sich mehr Frauen als Männer an den deutschen
Universitäten ein. Sie machen auch die besseren
Abschlüsse und stellten inzwischen 45 Prozent der
Arbeitskräfte. Trotzdem kommt nach der Ausbildung
plötzlich der Karriereknick. In der Berufswelt dominieren noch
immer die Männer, die Frauen üben eher untergeordnete
Tätigkeiten aus. Deutschland leistet sich den Luxus, viele
weibliche Talente zu verschwenden.
Problemfall: Großbetriebe
Vor allem in den Großbetrieben haben
Frauen keine Chance, in die höchsten Führungsebenen
vorzudringen. In den Vorständen der 30 deutschen
DAX-Unternehmen sitzt momentan keine einzige Frau. Bis vor kurzem
konnte wenigstens der Pharmakonzern Schering ein weibliches
Vorstandsmitglied vorweisen: die niederländische
Krebsforscherin Karin Dorrepaal. Doch im Zuge der Fusion mit Bayer
verlor sie im September ihren Posten. So war es zuvor schon der
zweiten Frau ergangen, die es jemals in einen DAX-Vorstand gebracht
hatte: Christine Licci verließ die HypoVereinsbank, nachdem
diese von der italienischen Bank Unicredito übernommen
wurde.
Etwas besser sieht es zumindest rein
statistisch bei den DAX-Aufsichtsräten aus: Dort sind momentan
immerhin 12,5 Prozent der Mitglieder weiblich. Allerdings wurden 80
Prozent der Frauen von der Arbeitnehmerseite in diese höchsten
Aufsichtsgremien entsandt.
Noch immer stoßen die Frauen an eine
"gläserne Decke", wenn sie in der Privatwirtschaft aufsteigen
wollen. Das sollte sich eigentlich ändern: Im Jahr 2001
schlossen die Bundesregierung und die Spitzenverbände der
deutschen Wirtschaft eine freiwillige Vereinbarung, um die
Chancengleichheit von Frauen und Männern in den
Privatbetrieben zu fördern. Eine erste Evaluation legte das
"Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung" (IAB) im
vergangenen Frühjahr vor. Das Ergebnis ist ernüchternd:
"Bei Angestellten mit umfassenden Führungsaufgaben und
Geschäftsführerinnen blieb der Anteil der Frauen zwischen
2000 und 2004 konstant." Die Zahl der Mütter auf
Spitzenpositionen sank sogar.
Glücksfall: Kleinstbetriebe
Am meisten Chancen haben die Frauen in
Kleinstbetrieben mit weniger als zehn Beschäftigten: Dort sind
26 Prozent der Leitungskräfte weiblich. In Großbetrieben
mit mehr als 500 Angestellten sind es nur noch vier Prozent. Auch
ist es für Frauen leichter aufzusteigen, wenn eine Branche
stark weiblich geprägt ist: So besteht im Groß- und
Einzelhandel die erste Führungsebene zu rund einem Drittel aus
Frauen. Im Gesundheitswesen sind es etwa 40 Prozent. Schlusslicht
sind die Banken mit nur acht Prozent.
Unbefriedigend ist auch die Bezahlung
für die Frauen. Vollzeitbeschäftigte Männer
erzielten 2004 durchschnittlich 4.200 Euro brutto im Monat. Frauen
hingegen verdienten nur 3.300 Euro, wie das Deutsche Institut
für Wirtschaftsforschung (DIW) ermittelt hat. Besonders krass
klaffen die Gehälter ausgerechnet in den obersten
Führungsebenen auseinander: Männer erhielten hier
durchschnittlich 5.300 Euro brutto, Frauen nur 4.000 Euro.
Aber warum kommen die Frauen mit ihren
Karrieren nicht voran? Einen ersten Aufschluss liefert erneut das
IAB, das untersucht hat, in welchen Familienstrukturen die
deutschen Führungskräfte leben. Dabei zeigte sich, dass
die meisten männlichen Führungskräfte mit einem
Partner und Kindern zusammen wohnen - nämlich 52 Prozent. Bei
den Frauen waren dies nur 26 Prozent. Chefinnen leben meist allein
oder haben einen Partner, aber keine Kinder (insgesamt 63 Prozent).
Die männlichen Führungskräfte werden von ihren
Frauen sehr stark unterstützt: Sie sind entweder gar nicht
erwerbstätig (29 Prozent) oder aber nur
teilzeitbeschäftigt (34 Prozent). Das ist bei Chefinnen genau
umgekehrt: 32 Prozent von ihnen haben einen Manager zum Partner,
bei 52 Prozent ist der Mann vollerwerbstätig.
Hindernisse
Für Frauen ist es in Deutschland
offenbar immer noch sehr schwer, Kinder und Karriere zu verbinden.
Wie das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) 2005
ermittelt hat, müssten noch etwa 1,2 Millionen
Betreuungsplätze für Kinder unter drei Jahren geschaffen
werden, um den Bedarf der Mütter mit Erwerbswunsch zu decken.
Denn momentan stehen in Westdeutschland ganze 2,5 Plätze
für 100 Kleinkinder zur Verfügung. Daher bleibt vielen
Müttern nur der Teilzeitjob.
Theoretisch ständen genug Steuermittel
zur Verfügung, um Krippenplätze zu finanzieren:
Jährlich gibt der Staat 184 Milliarden Euro für die
Familien aus, wie Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU)
kürzlich hat ermitteln lassen. Doch davon werden bisher nur
ganze 10 Milliarden Euro in die Kinderbetreuung investiert. 73
Milliarden Euro gehen hingegen in "ehebezogene Leistungen", die
unabhängig von der Kinderzahl sind. Dazu zählen etwa die
Witwenrente oder das Ehegattensplitting.
Andere Länder sind da weiter: So werden
in Schweden etwa 20 Prozent aller hohen Führungspositionen von
Frauen besetzt. Anders als in Deutschland haben sie meist Kinder,
denn Krippen sind seit den 70er-Jahren selbstverständlich.
"Das hat die Normen und die gesellschaftlichen Debatten
verändert, weil Frauen als Managerinnen zur Verfügung
standen", erklärt die Politologin Teresa Kulawik von der
Universität Södertörn. Zudem sei auch die
Führungskultur weniger autoritär und hierarchisch: "Die
Schweden arbeiten mehr im Team und das kommt Frauen
entgegen."
Inzwischen scheint auch in der deutschen
Wirtschaft die Einsicht zu wachsen, dass die Vereinbarkeit von
Beruf und Familie besser geregelt werden muss. Kurz vor Weihnachten
stellte von der Leyen gemeinsam mit Arbeitgeberpräsident
Dieter Hundt eine repräsentative Befragung von mehr als 1.000
Unternehmen vor. 71,7 Prozent der Betriebe gaben an, dass
Familienfreundlichkeit für sie wichtig oder sehr wichtig sei.
Noch vor drei Jahren hatte sich nur knapp die Hälfte der
Firmen so geäußert. Zunehmend sind die Betriebe bereit,
Arbeitszeiten individuell zu vereinbaren. Von der Leyen: "Ich finde
immer, der Laptop ist für die Frauen erfunden worden."
Mehr Informationen: Verband deutscher
Unternehmerinnen:
www.vdu.de