Ein bisschen paradox klingt das schon:
Oberbootsmann Daniela Klante. Noch paradoxer mag es erscheinen,
dass Oberbootsmann Daniela Klante im Bundesministerium der
Verteidigung die militärische Gleichstellungsbeauftragte ist -
und sich unter anderem für die sprachliche Gleichberechtigung
von Frauen und Männern einsetzt. Passt das zusammen? "Ich
persönlich unterscheide zwischen Dienstgraden und
Funktionsbezeichnungen", sagt die 30-Jährige, "Dienstgrade
sollte man meiner Meinung nach aus Traditionsgründen so
belassen." Oberbootsmann bleibt also Oberbootsmann. Steht Klante
jedoch vor einer Gruppe Bundeswehrangehöriger, dann sagt sie:
"Soldatinnen und Soldaten".
Auch Männer fragen
Ihre Legislaturperiode dauert vier Jahre, das
erste hat sie fast hinter sich. Für eine Zwischenbilanz, sagt
sie, sei es zu früh: "Das Amt steckt noch in den
Kinderschuhen", meint Klante. "Zunächst einmal möchte ich
diese Funktion in das System der Bundeswehr integrieren, so dass es
als Chance erkannt wird und nicht als politisch gewolltes
Übel. Ich möchte eine kompetente Ansprechpartnerin sein."
Anfangs seien unterschiedliche Meinungen auf sie hereingeprasselt -
"im konstruktiv-kritischen Rahmen", wie sie betont. Mittlerweile
gebe es eine "vertrauensvolle Zusammenarbeit". In erster Linie habe
sie eine beratende Funktion. Vornehmlich befasst sich Klante also
mit den Bereichen Frauenförderung, Schutz vor Diskriminierung
und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Gerade zu letztem Punkt
kontaktierten sie durchaus auch die männlichen Kollegen.
Frauen sind in der Bundeswehr - wenngleich
eine Minderheit - keineswegs neu. Als Beamtinnen, Zivilangestellte
und Arbeiterinnen sind sie schon lange zugelassen. 1975 stand
Ärztinnen und Apothekerinnen erstmals der Sanitätsdienst
offen, außerdem arbeiten Frauen seit Jahren im
Militärmusikdienst. Ende 1999 waren in diesen Bereichen circa
4.500 Frauen beschäftigt, die zum Selbstschutz, also aus
Notwehr, oder zum Schutz ihrer Patienten (Nothilfe) auch das
Schießen beherrschen mussten. Der Dienst an der Waffe war
ihnen jedoch verboten, das stand sogar im Grundgesetz.
Zu jeder Verwendung
Erst das Urteil des Europäischen
Gerichtshofs vom 11. Januar 2000 öffnete Frauen die
militärischen Pforten. Seit 2001 stehen ihnen "alle
militärischen Verwendungen offen", ob als Panzerkommandantin
oder als Pilotin. Verpflichtet werden dürfen sie allerdings
nicht. Derzeit sind etwa 13.000 Soldatinnen (ein Anteil von
fünf Prozent) bei der Bundeswehr beschäftigt.
"Die Erfahrungen aus der Truppe belegen eine
problemlose Aufnahme und Akzeptanz der Frauen", heißt es auf
den Internetseiten der Bundeswehr. Das klingt fast zu schön,
um wahr zu sein. Gerhard Kümmel und Heiko Biehl vom
Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr schreiben in einem
Bericht über die Sicht männlicher Soldaten auf die
Öffnung der Bundeswehr für Frauen: "Diese Zäsur
stellt die Bundeswehr insgesamt und jeden einzelnen ihrer Soldaten
vor eine enorme Herausforderung." In einer Untersuchung im Jahr
2000 haben die beiden Forscher 3.260 Soldaten zu ihrer Meinung
bezüglich einer gemischten Armee gefragt. Der Großteil
der befragten Soldaten stand der Integration von Frauen positiv
gegenüber. Dennoch sei eine nicht unbedeutende Minderheit
"skeptisch bis strikt ablehnend" eingestellt. 15 Prozent waren etwa
der Auffassung, Frauen sollten in der Bundeswehr gar keinen Dienst
tun dürfen. Fast 23 Prozent meinten, dass sie als
militärische Vorgesetzte ungeeignet seien.
Auch wenn sie noch einige Lobby-Arbeit
leisten muss, bleibt Klante zuversichtlich: "Gleichstellung ist ein
Prozess. Rom wurde schließlich auch nicht an einem Tag
gebaut."
Die Autorin ist Volontärin bei der Bundeszentrale
für politische Bildung in Bonn.