Anna und Edith lieben sich. Und bringen sich
nicht um. Ein Novum in der Filmwelt der 70er-Jahre. Ein Plot
über die lesbische Liebe zweier Versicherungsangestellter war
im öffentlich-rechtlichen Programm damals ein
Fremdkörper, und eines ohne Doppelsuizid am Ende erst Recht.
Damals - das war die Zeit, als Derrick gerade erst seinen biederen
Dienst begann.
Die Produzentin, die bereits 1975 auf Frauen
wie Anna und Edith setzte, war Regina Ziegler. Eine Unternehmerin,
die längst ohne ihren Vornamen auskommt. Der Dietl, der
Eichinger. Die Ziegler.
Sie ist seit 1973 im Geschäft, das
Jurastudium hatte Regina Ziegler geschmissen und sich dann sieben
Jahre beim Sender Freies Berlin als "Aktenschwanz" verdingt, wie
sie es bezeichnet. Dann der Ausstieg, ein Wagnis. Ihr Mann ist
dagegen, sie lässt sich scheiden. Mit Wolfgang Gremm, dem
zweiten Ehemann, startet sie die Berliner Firma "Ziegler Film". Der
erste Spielfilm, "Ich dachte, ich wäre tot", bekam gleich den
Bundesfilmpreis. Es folgten Adolf Grimme Preis, Berlinale Kamera,
Bundesverdienstkreuz, 2006 eine Retrospektive im New Yorker Museum
of Modern Art.
Regina Ziegler ist 62 und das, was man eine
Erscheinung nennt. Haare in Ziegelrot, blutroter Mund,
korallenfarbene Klunkerringe. Viel wurde über sie geschrieben,
die Farbe Rot taucht immer auf. Ebenso wie regelmäßige
Klagen, die Produzentin gebe über sich selbst stets die
gleichen Phrasen zu Protokoll, Stereotypen, keine Details. Sie
versuche eine "bestimmte Erscheinung" zu sein, sagte sie einmal,
sie müsse auffallen. Die Selbstinszenierung ist Teil des
Geschäfts, Ziegler ist ihr eigenes Produkt.
Frauen haben in Regina Zieglers Filmen von
Anfang an eine tragende Rolle gespielt. Sei es das
Lesbenpärchen oder drei Mittsechzigerinnen, die zusammen eine
WG gründen. Standen am Anfang oft noch gesellschaftskritische
Stoffe im Vordergrund, geht die Tendenz längst zur
Romantikkomödie. Frauenbuchautorin Charlotte Link zählt
zu Zieglers besten Freundinnen. Aber: "Es gibt keine Frauen- oder
Männerfilme", sagt Regina Ziegler. "Es gibt nur gute oder
schlechte." Und ob der Produzent ein Mann oder eine Frau ist, sei
genauso unerheblich, "das spielt für mich keine Rolle, die
Leistung zählt. Und der Erfolg." Auch wenn Ziegler nicht viel
vom Gerede über weibliche oder männliche Perspektiven
hält, hat sie dazu beigetragen, dass sich die Plots in den
vergangenen Jahrzehnten gewandelt haben: "Vor zehn Jahren gab es
nur männliche Hauptrollen. Schauspielerinnen im Alter von 40,
50, 60 Jahren kamen nicht vor." Sie setzte dagegen: mit Senta
Berger, Gudrun Landgrebe, Thekla Carola Wied, Suzanne von
Borsody.
Der Plan mit der Selbstinszenierung ist
aufgegangen, ihr Markenimage ist beständig. Als Produzentin
weiß Ziegler, wie man alle Fäden in der Hand
behält. Am Ende ihrer Filme steht stets das Signum ihrer
Produktionsfirma, ein animierter Schattenriss: Eine Mutter mit Kind
schwenkt eine Flagge. Keine Friedensfahne in Weiß. Sie ist
rot wie die Revolution.