In der öffentlichen Rhetorik sei
Gleichstellung erreicht, sagt die Bildungs- und
Geschlechterforscherin Sigrid Metz-Göckel. Allerdings: "Die
Machtverhältnisse sind erhalten geblieben." Das heißt,
wo Entscheidungen fallen, sind Frauen noch immer
unterrepräsentiert.
Daran hat auch die Institution der
Gleichstellungsbeauftragten wenig ändern können, die der
Staat vor einem Vierteljahrhundert schuf, um die Gleichberechtigung
im öffentlichen Dienst, an Hochschulen und in den Kommunen
vo-ranzubringen. "Die Institution zu schaffen, war goldrichtig",
betont Metz-Göckel, doch sei sie an die Verwaltungshierarchie
gebunden und könne nur Überzeugungsarbeit leisten.
"Zuständig für die Umsetzung der Gleichberechtigung sind
die Leitungen." Und die reagierten oft empfindlich, wenn es um
Kritik an Strukturen gehe, die den Ausschluss von Frauen
reproduzierten statt Benachteiligungen abzuschaffen.
Andere Spielregeln
Der Einsatz von heute 300 Beauftragten an den
Universitäten habe die Spielregeln verändert, sagt
dagegen Marianne Kriszio von der Bundeskonferenz der Frauen- und
Gleichstellungsbeauftragten an Hochschulen (BuKoF): "Seit wir
beispielsweise an den Berufungskommissionen beteiligt sind, wird
weniger gemauschelt." So stieg der Frauenanteil in Professuren seit
1990 "im Schneckentempo, aber kontinuierlich" von fünf auf 14
Prozent. Mehr war nicht drin. Keiner sage es offen, so Kriszio,
aber Frauenförderung habe keinen großen Stellenwert:
"Wir rennen gegen Gummiwände." Die Kommunen hätten sich
zu Beginn "mit einer schier unendlichen Reihe von Stellungnahmen,
Gutachten und Klagen" gegen die Verpflichtung gewehrt,
Gleichstellungsbeauftragte einzusetzen, erinnert sich Ute von
Wrangell, Leiterin der Vernetzungsstelle für
Gleichberechtigung, Frauen- und Gleichstellungsbeauftragte in
Hannover. Ohne Erfolg. Heute sind auf der Basis von 16
Landesgleichstellungsgesetzen rund 1.600 kommunale Beauftragte in
mindestens einer halben Stelle tätig, flankiert von zeitlich
und finanziell oft schlecht ausgestatteten Neben- und
Ehrenamtlichen. "Das sind alles schwache Gesetze", bemängelt
die Sozialwissenschaftlerin Larissa Klinzing, denn die
Beteiligungsrechte seien höchst unterschiedlich geregelt: Um
den Frauenanteil in unterrepräsentierten Bereichen zu
steigern, wiesen Frauenförderpläne sehr unterschiedliche
Quoten und Zielvorgaben aus. Außerdem seien sie oft pauschal
formuliert und sähen keine deutlichen Sanktionen für
Verstöße vor. In Personalentscheidungen könnten die
Beauftragten mitwirken, aber kein Veto einlegen. "In seiner
Substanz ist das Gleichstellungsrecht nie richtig aufgebessert
worden", sagt Klinzing.
Große Unabhängigkeit
Die schwammige Gesetzeslage erschwert die
Arbeit der Beauftragten, verschafft ihnen aber auch Freiräume.
Ihre Aktivitäten gestalten sie inhaltlich und fachlich frei
von Weisung. Extern vernetzen sie regionale Fraueninitiativen und
sensibilisieren die Bevölkerung auch für Tabuthemen wie
Stalking und häusliche Gewalt. Verwaltungsintern wirken sie im
Personalmanagement, tragen ihr Wissen aber auch in Bereiche wie
Stadt- und Nahverkehrsplanung. Viele Beauftragte kritisieren
jedoch, dass sie ihren Rechten auf Auskunft und Anhörung,
Akteneinsicht und Beteiligung an allen Personalentscheidungen
hinterherlaufen müssten.
Dennoch werden Gleichstellungsbeauftragte von
einer wachsenden Zahl aufgeschlossener Dienstleiter, einer Handvoll
moderner Väter, aber vor allem von ihrer Kernklientel
geschätzt: den Frauen. Ihnen haben sie nicht selten geholfen,
in den Beruf zurückzufinden, Stunden zu reduzieren oder
aufzustocken, Übergriffe von Kollegen abzuwehren, als
"biologische Zeitbombe" mit über 30 überhaupt eine Stelle
zu bekommen oder in unterrepräsentierte Bereiche zu gelangen,
etwa als Einsatzleiterin bei der Feuerwehr oder Auszubildende im
Straßenwärterbereich.
Noch immer ist es ein Fakt: Wo schon
Teilzeitkräfte an der Vereinbarkeit von Familie und Beruf
scheitern, müssen sich Frauen spätestens an der Schwelle
zur Führungsposition für das eine oder andere
entscheiden. Tendenziell konzentriert sich die
Gleichstellungspolitik daher auf diese Frage. Diese "Reduktion"
findet Angelika Wetterer, Professorin für
Geschlechtersoziologie und Gender Studies in Graz, "verheerend".
Vielmehr sollte es doch gelten, die Elemente politischer Steuerung
auf allen Ebenen zu nutzen, so Wetterer.
Das ist nicht so einfach: Die
Gleichstellungsbeauftragten haben in allgemeinpolitischen Fragen
nur wenig Einfluss. "Wir sind nicht die Frauenbewegung",
erklärt dazu Antje Buck, Sprecherin der
Bundesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros (BAG). Ihre
Organisation hat es dennoch geschafft, zusammen mit der
Bundeskonferenz der Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten an
Hochschulen, sich in politischen Gremien Gehör zu
verschaffen.
Eines ist bis heute besonders in der
Bundesverwaltung umstritten: Ihre rund 750 Beauftragten sind
ausschließlich Frauen und dürfen auch nur von Frauen
gewählt werden. Dazu stellte die Bundesregierung in ihrem
jüngsten Erfahrungsbericht zum Bundesgleichstellungsgesetz
jedoch klar: Diese Benachteiligung von Männern sei "wegen der
besonderen gegenwärtigen Anforderungen des Amtes der
Gleichstellungsbeauftragten weiterhin gerechtfertigt". Sprich so
lange, bis Männer und Frauen wirklich gleichberechtigt
sind.
Die Autorin arbeitet als freie Journalistin in
Bielefeld.