Das Leben im Berliner Hip-Bezirk Prenzlauer
Berg kann kompliziert sein: Wenn Frau dort nicht in den Verdacht
kommen will, "nur Mama" zu sein, muss das Kleine eben auch mal bei
Kaiser's an der Kasse gestillt werden, so ganz nebenbei. Parallel
noch schnell telefoniert und die Einkäufe auf das Band gelegt
und fertig ist das Bild der Powerfrau. Kinder gehören nun mal
irgendwie dazu, aber entspannte Menschen sehen anders aus.
Das klingt vielleicht böse, ist aber
nicht frei erfunden. Und zeigt, unter welchem Druck die meisten
jungen Frauen derzeit stehen. Tatsächlich sind die Erwartungen
an sie enorm: Natürlich sollen sie beruflich erfolgreich sein.
Und seitdem das Land plötzlich von der panischen Angst des
Aussterbens befallen ist, müssen Frauen auch hier die Kohlen
aus dem Feuer holen. FAZ-Herausgeber Frank Schirrmacher prophezeit,
dass die Anforderungen an sie in Zukunft noch steigen werden
(Interview auf Seite 2).
Doch über das "Wie" ihrer Erfüllung
diskutieren Wissenschaftler, Prominente und Politiker seit einigen
Jahren. Die Parteien haben die Bedeutung der Themen Frauen- und
Familienpolitik erkannt, tüfteln an Konzepten (Seite 3) oder
haben mit deren Realisierung schon begonnen. Ursula von der Leyen
(Interview auf Seite 9) stieß mit der Idee des Elterngeldes
auch in der eigenen Partei nicht auf ungeteilte Zustimmung.
Bedeuten die "Vätermonate" eine staatliche Bevormundung oder
fördern sie ein Elternbild, das die Verantwortung für die
Kindererziehung etwas von den Schultern der Frauen auf die der
Männer verlagert? Offensichtlich haben die Frauen an dieser
Last zu schwer zu tragen. Ihr viel zitierter "Gebärstreik" hat
Gründe. Und die liegen nicht, zumindest nicht
hauptsächlich, in einem übersteigerten Individualismus.
Männer dürfen in diesem Zusammenhang nicht vergessen
werden, auch sie bleiben zu oft kinderlos. Vereinbarkeit von Beruf
und Familie lautet deshalb der Slogan der Zukunft. Dabei geht es
nicht nur um die Bedürfnisse der Frauen. Auch die Wirtschaft,
den drohenden Fachkräftemangel in einigen Jahren vor Augen,
fordert bessere Betreuungsmöglichkeiten. Das ist jedoch nur
eine Seite. Denn was tut sich in den Betrieben? Wo gibt es flexible
Arbeitsorganisationen, die es Eltern ermöglicht, Familien- und
Berufsleben zu vereinbaren (Seite 10)?
Je weiter südlich auf der Welthalbkugel
sich der Blick festsetzt, desto mehr relativieren sich diese
Probleme. Frauen in Entwicklungsländern leben ein dramatisches
Leben. Daran hat auch die 4. Weltfrauenkonferenz der UNO vor
zwölf Jahren nichts geändert (Seite 6). Ob es der Zugang
zu Bildung und damit zu einer beruflichen Perspektive ist oder zu
gesundheitlicher Versorgung: In den meisten Teilen dieser Welt sind
sie gegenüber den Männern klar benachteiligt und leben am
Rande des Existenzminimums oder darunter. Ein Kleinkreditprogramm
für Frauen in Argentinien (Seite 16) verhilft ihnen zu einer
beruflichen Existenz und zeigt: Man kann etwas ändern. Der
Wille zählt.