MENSCHENRECHTE
Ein Buch über den individuellen Umgang mit einem wichtigen Thema
Es geht um das, was uns selbstverständlich ist und was doch immer wieder bei Individuen wie bei Staaten zum Streit führt. Es geht um die Würde des Menschen, von der unser Grundgesetz in Artikel 1 schreibt, dass sie "unantastbar" sei. Gleichwohl wird niemand bestreiten können, dass auch in einer Demokratie die Einhaltung der Menschenrechte immer wieder auf den Prüfstand gestellt werden muss.
Das bisher Erreichte in Sachen Menschenrechte bedurfte erst der zivilisatorischen, kulturellen und politischen Katastrophe des 2. Weltkrieges. Nach dieser Erfahrung ent-stand etwas historisch bisher Einmaliges in der Geschichte der Menschheit. Ein System von grundlegenden Prinzipien des menschlichen Zusammenlebens in freier Entscheidung wurde am 10. Dezember 1948 von der Generalversammlung der Vereinten Nationen verabschiedet: die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Seither - so der italienische Rechtsphilosoph Norberto Bobbio - "können wir historisch gesehen sicher sein, dass die Menschheit einige Werte teilt, und endlich die Überzeugung hegen, dass diese Werte in der Tat universell sind, und zwar in dem Sinne, dass die Universalität nicht nur ein objektiver, historisch legitimierter Tatbestand ist, sondern auch subjektiv von der Menschheit akzeptiert wurde."
Was in New York vor mehr als 60 Jahren festgeschrieben wurde, muss sich in der Praxis der Staaten und der in ihnen lebenden Menschen Tag für Tag bewähren. Beim Lesen des Buches "Nachgefragt: Menschenrechte und Demokratie" wird schnell deutlich, wie sehr dieses Thema nicht nur eine Herausforderung an die politisch Verantwortlichen in den Staaten ist. Mit verantwortlichem Handeln des Einzelnen im Alltag hat es zu tun - wie z. B. beim Einkauf von Produkten, die durch Kinderarbeit hergestellt wurden. Oder wenn im eigenen Umfeld Zivilcourage gefragt ist, wenn jemand gemobbt oder Minderheiten und Benachteiligte diskriminiert werden. Diese Praxisnähe, diese im eigenen täglichen Umfeld auftretenden Probleme exemplarisch präzis und knapp darzustellen, weckt die erforderliche Sensibilität der Menschen für verantwortliches Handeln.
Es geht der Autorin Christine Schulz-Reiss um das Begreifbarmachen der lebenspraktischen Wirkung, die von den Menschenrechten ausgehen kann. Beispiel: Wer sich im "Unterricht manchmal fragt, warum du dir merken sollst, wann welcher König regiert hat, wer der größte deutsche Dichter war oder warum a ² + b ² = c ² ist - mit allem, was du lernst, verstehst du das Leben, die Welt und wie sie funktioniert ein wenig besser. Dieses Wissen befähigt dich, eigene Schlüsse zu ziehen und die Zukunft mitzugestalten. Mitreden kann nur, wer selbst weiß, was er sagt... Lernen gehört zum Leben. Deshalb ist Bildung ein Menschenrecht".
Viele Organisationen und die in ihnen aktive Menschen wissen sich weltweit ehrenamtlich oder berufsmäßig den Zielen der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte verbunden. Einerseits ist dieses große und nachhaltige Engagement erfreulich, andererseits ist es ein deutliches Zeichen dafür, dass sich an der Dringlichkeit der Forderung, die Menschenrechte einzuhalten, bei uns und weltweit nichts geändert hat, weil sich viele neue Betätigungsfelder im gesellschaftlich-politischen Leben ergeben. Das gilt insbesondere für den toleranten Umgang miteinander. Eine Gesellschaft also, in der "die Entscheidungsfreiheit eines jeden nach einem allgemeinen Gesetz mit der Freiheit jedes anderen bestehen" kann - wie es Kant als Gesetz der Vernunft formuliert hat.
Ein fantastisches Buch über ein schwieriges Thema. Ein Buch, das viele Leser, nicht nur jugendliche Leser, verdient. Und auch ein Verlag, dessen Reihe "Nachgefragt" höchste Anerkennung gebührt und in jede Schule gehört. Ein Buch, das jeder mit größtem Gewinn nach der Lektüre ins Regal zurückstellt.
Nachgefragt: Menschenrechte und Demokratie. Basiswissen zum Mitreden.
Loewe Verlag, Bindlach 2008; 144 S., 12,90 ¤