BOTSUANA
Das afrikanische Land muss sich erneuern, hat aber nur eine schwache Opposition
Der weiße Pickup ist in den Straßen Gabarones unterwegs. Beklebt ist das Auto mit den roten Wahlplakaten der regierenden Partei, der Botswana Democratic Party (BDP). Immer wieder bleibt es stehen, und aus den beiden Megaphonen, die rechts und links auf der Ladefläche befestigt sind, erklingt: "Wählt BDP, wählt BDP, wählt BDP." Der Wahlkampf ist in dem rund 1,84 Millionen Einwohner großen Land, das im Osten an Namibia und im Süden an Südafrika grenzt, allgegenwärtig. Lange Zeit galt das Land wegen seiner politischen Stabilität und seiner guten wirtschaftlichen Entwicklung als ein afrikanisches Musterland. Doch das Land leidet unter einer Geißel: der Immunschwächekrankheit AIDS. 300.000 Menschen sind dort nach UN-Angaben mit HIV infiziert. Die BDP regiert das südafrikanische Land seit der Unabhängigkeit im Jahr 1965. Erster Präsident war Seretse Khama, der in Afrika als einer der großen Staatsmänner gilt und Vater des jetzigen Machtinhabers Ian Khama ist.
Noch bei den Parlamentswahlen im Jahr 2004 hat die Partei 52 Prozent der Stimmen geholt und sich damit die absolute Mehrheit gesichert. Doch ob das Ergebnis am 16. Oktober - Khama hat den Wahltag unlängst zum landesweiten Feiertag erklärt - ebenfalls so gut ausfallen wird, ist ungewiss. Denn die BDP bringt sich selbst seit Wochen in die Schlagzeilen.
Bisheriger Höhepunkt war dabei eine Gerichtsverhandlung am Obersten Gerichtshof des Landes. Im Mittelpunkt der Verhandlung stand Präsident Khama selbst, eine bislang einmalige Situation in der Geschichte des Landes. Khama, der sich vor Gericht von seinen Anwälten vertreten ließ, sorgte damit für einen vollen Gerichtssaal, in dem nicht einmal alle Zuhörer Platz fanden. Hintergrund der Verhandlung sind parteiinterne Streitigkeiten, da Khama, gleichzeitig Vorsitzender der BDP, kurz zuvor den Generalsekretär seiner Partei, Gomolemo Motswaledi, suspendiert hatte. Dieser musste außerdem seine Kandidatur für das neue Parlament niederlegen - und klagte dagegen. Er argumentierte, dass der Alleingang Khamas gegen die Partei-Verfassung verstoße. Doch damit hatte er keine Chance: Denn die drei Richter erklärten, dass ein amtierender Präsident weder in Straf- noch in Zivilprozessen verurteilt werden kann. Eine Grundsatzentscheidung, die anschließend vor dem Gerichtsgebäude für enttäuschte Gesichter unter den Anhängern Motswaledis sorgte. "Es wird höchste Zeit, dass die Verfassung in unserem Land geändert wird. Es ist ein Problem, dass der Präsident nicht verurteilt werden kann", betont Dithapelo Kerorapetse, der als Politikwissenschaftler an der University of Botsuana arbeitet. "Wir brauchen wieder mehr Demokratie in Botsuana." Damit drückt sich der Wissenschaftler noch vorsichtig aus. Denn immer häufiger wird der Vorwurf laut, dass Khama aus Botsuana einen Militärstaat mache. Allzuoft finden ehemalige Militärs einen gut bezahlten Posten im öffentlichen Dienst. Doch nicht nur das: "Er wird ein zweiter Mugabe. Das ist ganz deutlich", sagt Oarabile Motlaleng. Motlaleng sitzt im Büro der Oppositionspartei Botswana Congress Party (BCP). Von dort aus organisiert er Veranstaltungen für seine Partei, die derzeit mit einem Abgeordneten im Parlament vertreten ist.
Das autokratische Verhalten des Präsidenten macht er an vielen Punkten deutlich. "Besonders junge Menschen haben schlechte Karten. Es gibt Sperrstunden und viele Polizeikontrollen." Außerdem würden die Staatsmedien von der BDP kontrolliert. "Wir als Opposition haben keine Chance, überhaupt mit Veranstaltungen ins Fernsehen zu kommen", kritisiert er. Auf das Staatsfernsehen ist die Oppositionspartei jedoch angewiesen, denn private TV-Stationen gibt es im Land nicht. Motlaleng hofft daher, dass viele Menschen schon aus Protest die BCP wählen.
Am Fuße des höchsten Berges, des Khale Hill, hat Spencer Mogapi sein Büro. Mogapi ist stellvertretender Chefredakteur der Sonntagszeitung Sunday und schreibt seit Monaten über nichts anderes als über die bevorstehenden Wahlen. Ob es zu einem Machtwechsel kommt, will er allerdings nicht sagen. "Alles ist möglich", drückt er sich diplomatisch aus, nennt aber gleichzeitig ein Problem: Die beiden Oppositionsparteien, die BCP und die Botswana National Front (BNF) - sie ist derzeit mit 12 Sitzen vertreten - seien viel zu schwach. Über eines freut sich der Journalist allerdings umso mehr: "Noch nie ist das Interesse an einer Wahl so groß gewesen."
Das kann die Independent Electorial Commission, bei der sich 723.617 Wahlberechtigte registriert haben, nur bestätigen. "Das ist im Vergleich zu 2004 ein Anstieg von rund 15 Prozent", freut sich der Vorsitzende Gabriel Seeletso. Am 16. Oktober werden die registrierten Wähler entscheiden, wer für die nächsten fünf Jahre in das schneeweiße Parlamentsgebäude in Gaborone einziehen darf. Von den insgesamt 63 Abgeordneten werden 57 in den Wahlkreisen direkt mit einfacher Mehrheit gewählt, wofür landesweit 490 Wahllokale zur Verfügung stehen. Die restlichen sechs Abgeordneten sind speziell nominierte Mitglieder. Sie wählen anschließend den neuen Präsidenten.
Schon jetzt steht allerdings fest: Im neuen Parlament des einstigen Musterlandes Botsuana wird es auch nach der nächsten Wahl wieder kaum Frauen geben. Derzeit sind nur vier Abgeordnete weiblich, was sich, so die letzten Prognosen, auch im Oktober nicht verbessern wird.