CSU-WAHLSCHLAPPE
Horst Seehofer gerät in Bedrängnis
Nach der CSU-Wahlschlappe steht Parteichef Horst Seehofer vor seiner bisher schwersten Aufgabe: Aufpassen, dass die einst so stolze Partei bei den Berliner Koalitionsverhandlungen nicht untergebuttert wird. Dabei wird die geschwächte CSU von zwei Seiten in die Zange genommen: Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat aus Münchner Sicht noch nie ein Interesse an einer starken CSU gehabt. Merkel ließ kurz nach der Wahl durchblicken, dass Seehofer sich zuerst mit ihr abzustimmen habe, bevor er mit der FDP verhandelt: "Nur damit völlig klar ist, dass da nicht irgendwie Dreier-Gespräche stattfinden." Und in Bayern wollen sowohl die FDP als auch viele CSU-Vorstandsmitglieder Seehofer an die Kandare nehmen.
Im Vorstand der Christsozialen gibt es mehrere prominente Parteifreunde, die die Verluste bei der Bundestagwahl Seehofer persönlich ankreiden - weil er im Wahlkampf Front gegen den Wunschpartner FDP machte. Die FDP-Landesvorsitzende Sabine Leutheusser-Schnarrenberger verlangt deswegen eine Aussprache. Vor der Sommerpause hatte Seehofer die Eskalation des Streits angeheizt, indem er mehrfach die Einberufung des bayerischen Koalitionsausschusses verweigerte. Man könne "nicht so tun, als sei da nichts gewesen", sagte die FDP-Politiker, die gute Chancen hat, wieder Justizministerin zu werden.
Bei den Koalitionsgesprächen muss Seehofer sich zweifach bewähren: Vor der Wahl garantierte er, dass die CSU ihre Wahlversprechen halten wird, darunter Steuersenkungen ab 2011 und ein "klares Bekenntnis zur bäuerlichen Landwirtschaft" - soll heißen: Hilfe für Bayerns existenzbedrohte Bauern. "Er hat die Messlatte ohne Not sehr hoch gelegt", grübelt ein Kabinettsmitglied in München.
Zweites Problem ist das Personal: Wegen des schlechten Wahlergebnisses bleibt es wahrscheinlich bei nur zwei Ressorts für die CSU. Es zeichnet sich ab, dass die CSU für Wirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg Finanzen oder erneut die Wirtschaft beansprucht. Gleichzeitig wird heiß diskutiert, ob man das Agrarressort nicht gegen ein anderes Haus eintauschen sollte. Denn die Landwirtschaft bringt angesichts Milchkrise, zerstrittener Bauernverbände und geringer Entscheidungskompetenzen eigentlich nur Ärger. Ministerin Ilse Aigner war nach Angaben ihrer Parteifreunde nie glücklich mit dem Ressort.