ENTWICKLUNG
Fraktionen gegen Genitalverstümmelung
140 Millionen Frauen sind weltweit von Genitalverstümmelung betroffen, in 28 Ländern - überwiegend in Afrika - wird sie praktiziert. Allein 8.000 Mädchen und Frauen müssen die schmerzhafte und lebensgefährliche Prozedur pro Tag erleiden, schätzen Menschenrechtsorganisationen - und geißeln Genitalverstümmelungen als schwere Menschenrechtsverletzung und elementaren Eingriff in die Grundrechte.
Auch die Mitglieder des Bundestagsausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verurteilen Genitalverstümmelungen deutlich. In ihrer Sitzung am 16. Dezember verlangten die Fraktionen, sie durch gezielte Aktivitäten und mehr Aufklärung zu bekämpfen. So sprach die FDP-Fraktion von einer "grausigen Tradition" und forderte die Bundesregierung auf, "moralischen Druck" auf die Regierungen der betroffenen Länder auszuüben. Die Unionsfraktion verlangte auch in Deutschland mehr Aufklärung über das Thema. Es müsse ein gesellschaftliches Bewusstsein geschaffen werden, damit diese "widerwärtige Menschenrechtsverletzung" eindeutig diskriminiert werde.
Einfach stoppen könne man Genitalverstümmelungen jedoch nicht, erklärten Linksfraktion und Bündnis 90/Die Grünen. Um sie zu verhindern, müssten jahrhundertealte Traditionen in den betroffenen Ländern verändert werden. Die Grünen forderten zudem, dass auch afrikanische Familien in Deutschland darin bestärkt werden müssten, keine Genitalverstümmelungen an ihren Töchtern vorzunehmen. Die SPD-Fraktion hob in diesem Zusammenhang hervor, dass die Bundesregierung in der vergangenen Legislaturperiode bereits Gesetzesänderungen vorgenommen habe. So würden Straftatbestände im Zusammenhang mit einer Genitalverstümmelung in Deutschland heute nicht mehr verjähren. Allerdings müssten Mädchen und Frauen noch stärker ermutigt werden, ihren Rechtsanspruch auch wirklich wahrzunehmen.
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Gudrun Kopp (FDP), verwies im Ausschuss auf eine Gesetzesinitiative der Länder Baden-Württemberg und Hessen (Drucksache 867/09), die am 18. Dezember erstmals im Bundesrat vorgestellt wurde. Danach soll Genitalverstümmelung als eigener Straftatbestand in das Strafgesetzbuch aufgenommen werden. Künftig sollen Genitalverstümmelungen auch im Ausland verfolgt werden können, wenn das Opfer in Deutschland lebt. Hierzulande betrifft dies rund 20.000 Frauen.
Insgesamt vier wichtige Maßnahmen nannte Kopp den Abgeordneten im Kampf gegen Genitalverstümmelung: "Aufklären, Bewerten, Vorbeugen, Sanktionieren". Sanktionen gegen die betroffenen Länder bezeichnete Kopp allerdings als "letzte Eskalationsstufe". Sie kündigte für nächsten Monate einen umfassenden Bericht über Projekte, erste Ergebnisse und Empfehlungen für weitere Maßnahmen an. In Arbeit sei außerdem ein nationaler Aktionsplan.