Die Veröffentlichung eines Dienstgeheimnisses reicht nicht aus, um die Durchsuchung von Redaktionsräumen zu rechtfertigen. Mit diesem Satz in der "Cicero-Entscheidung" hat das Bundesverfassungsgericht einen weiteren Pflock zum Schutz der Pressefreiheit eingeschlagen.
Wirklich überraschen kann dies niemanden: Immer wieder haben die Karlsruher Verfassungshüter die Bedeutung von unabhängigen Medien für die demokratische Gesellschaft betont. Eine freie Presse und ein freier Rundfunk sind von besonderer Bedeutung für den freiheitlichen Staat, belehrten die Richter die Ermittlungsbehörden bereits im Jahr 1966. Anlass war die Durchsuchung der Redaktionsräume des Spiegels samt Inhaftierung des Herausgebers Rudolf Augstein.
Eine wirkliche Verhaltensänderung ist seitdem bei Staatsanwaltschaft und Polizei nicht eingetreten. So ermittelt die Hamburger Staatsanwaltschaft derzeit gegen Mitarbeiter des Stern und der Financial Times Deutschland, die über die Entführung von Khaled el-Masris berichteten. Der deutsche Staatsangehörige war vom amerikanischen Geheimdienst illegal nach Afghanistan verschleppt worden. Der Fall beschäftigt mittlerweile einen Untersuchungsausschuss im Deutschen Bundestag. Doch die Hamburger Ermittlungsbehörden interessiert nur ein möglicher Geheimnisverrat bei der Berichterstattung über diesen Skandal. Den Staatsanwälten kann man jetzt einen guten Tipp geben: Das Urteil des Verfassungsgerichts lesen!