AUSSENBEZIEHUNGEN
Debatte um Ansiedelung des neuen Europäischen Auswärtigen Dienstes
Damit Europa seine Interessen besser bündeln und in der Welt erfolgreicher vertreten kann, haben Europas Staats- und Regierungschefs im Lissaboner Reformvertrag beschlossen, ein starkes außenpolitisches Instrument zu schaffen: den Europäischen Auswärtigen Dienst. kurz EAD. Schon vorhandene außenpolitische Strukturen in Ministerrat und EU-Kommission sollen in einem einzigen Dienst zusammengeführt und damit vereinfacht werden. Europa wird dadurch, lautet die Hoffnung, sichtbarer und durchschaubarer werden.
Schon jetzt arbeiten rund 5.000 Diplomaten der EU in den "Delegationen" der Union, die bisher in 135 Ländern die Gemeinschaft gleichsam diplomatisch vertreten. Diese EU-Beamten werden in den neuen Auswärtigen Dienst übernommen. Diplomaten aus dem EU-Ministerrat und aus den nationalen diplomatischen Diensten werden das diplomatische Corps der EU nach und nach verstärken. Künftig könnten die EU-Botschaften in Übersee auch konsularischen Aufgaben übernehmen. Zumindest die kleinen EU-Staaten könnten sich in einigen fernen Ländern durch die EU-Botschaften vertreten lassen und dadurch viel Geld sparen.
Das Europaparlament, das in der Oktobersitzung in Straßburg den entsprechenden Initiativbericht des deutschen Abgeordneten Elmar Brok (CDU) angenommen hat, gab damit das Startsignal für die Auseinandersetzung über die politisch heikle Frage, wo dieser neue Auswärtige Dienst administrativ angedockt wird: Beim EU-Ministerrat und damit dem Zugriff der 27 Regierungen ausgeliefert? Bei der EU-Kommission, die vom Straßburger EU-Parlament künftig stärker kontrolliert werden kann? Oder als eine weitgehend eigenständige Institution, ein Dienst "sui generis", irgendwo zwischen EU-Ministerrat und EU-Kommission angesiedelt? "Der Auswärtige Dienst muss möglichst nahe an die EU-Kommission," meint der parlamentarische Berichterstatter Brok: "Nur wenn er verwaltungstechnisch und haushaltspolitisch zur EU-Kommission kommt, wird er transparent und für uns parlamentarisch kontrollierbar." Gerade das wollen aber die Regierungen, vor allem die Regierungen der großen EU-Mitgliedstaaten, offensichtlich überhaupt nicht. Sie bestehen zwar nicht mehr darauf, den neuen diplomatischen Dienst alleine dem EU-Ministerrat zu unterstellen, in dem die 27 Regierungen das Sagen haben. Sie wollen den Auswärtigen Dienst aber auch nicht an die EU-Kommission anschließen, stattdessen bevorzugen sie, ihm einen verwaltungstechnisch weitgehend selbständigen Status zu geben.