Berlin: (hib/SKE) Bei der Anhörung
des Ausschusses für Bildung, Forschung und
Technikfolgenabschätzung am Montag zeigten sich die zwölf
Sachverständigen uneins über eine mögliche
Änderung des Stammzellgesetzes (
16/7981,
16/7982,
16/7983,
16/7984 und
16/7985). Sie waren sich nicht einig, ob
Embryonen die gleiche Würde haben wie ein schon geborener
Mensch und ob eine Verschiebung oder Abschaffung des Stichtages
für eine qualitativ hochwertige Forschung mit embryonalen
Stammzellen in Deutschland notwendig ist. "Die Linien waren damals
schon schlecht, wir wussten es nur nicht", sagte Professor Hans
Schöler, Direktor des Max-Planck-Instituts für molekulare
Bio-Medizin und Mitglied der Zentralen Ethik-Kommission für
Stammzellenforschung (ZES), über die Stammzelllinien, die vor
dem 1. Januar 2002 im Ausland gewonnen wurden und heute für
die Forschung eingesetzt werden. Die Wissenschaft habe damals nicht
gewusst, wie man die Zellen richtig kultiviert und einfriert.
Deswegen seien sie teilweise unbrauchbar. "Alte Stammzellen sind
eindeutig für die Grundlagenforschung zu verwenden", meinte
dagegen Professorin Regine Kollek von der Universität Hamburg.
Selbst die neueste Forschung an adulten Stammzellen habe zum
Vergleich embryonale Stammzellen herangezogen, die auch in
Deutschland verwendet werden dürfen. "Das ist kein Einzelfall,
die verwendeten Zellen gehören zu den international am besten
erforschten, und es ist bisher nicht nachgewiesen, dass sie mit
Viren kontaminiert sind", so Kollek. Auch genetische
Veränderungen, wie sie von Forschern beklagt würden,
seien nicht generell an den Zellen festzustellen. Reinhard Merkel,
Jura-Professor aus Hamburg, betonte, dass eine Änderung des
Stammzellgesetzes nicht den Embryonenschutz antaste. Es gehe um
einen Teil von Embryonen, an denen geforscht werde, nachdem die
Embryonen schon gestorben seien. "Die übergroße Zahl der
Ethiker der Welt sagt, dass pränataler Lebensschutz ein
anderer ist als postnataler", plädierte Merkel für eine
moralische Differenzierung in Leben, das mit Hilfe des Menschen
entstehen kann, und solches, das bereits entstanden ist. Bei der
Forschung an embryonalen Stammzellen wird das Recht auf
Menschenwürde der Embryonen verletzt, war dagegen die Meinung
von Christian Hillgruber, Jura-Professor aus Bonn. Das
Bundesverfassungsgericht habe anerkannt, dass Menschen auch nach
ihrem Tode ein Persönlichkeitsschutz zustehe. Dieser Schutz
gelte auch für Embryonen. "Das schließt aus meiner Sicht
jede Nutzung von Stammzellen zu Forschungszwecken aus", sagte
Hillgruber. Gegen einen Kompromiss in Form einer einmaligen
Verschiebung des Stichtages sprach sich Professor Robert Spaemann
aus München aus. "Wenn Embryonen Menschen sind, folgt daraus,
dass man nicht von den Interessen anderer ausgehen darf, sondern
von denen des Embryos." Deswegen dürfe man keinen Kompromiss
schließen. Peter Dabrock, Professor für Sozialethik aus
Marburg, hielt einen Kompromiss dagegen für vertretbar, da
noch nicht abschließend geklärt sei, ob es sich bei den
Embryonen tatsächlich um Menschen handele. Das Gesetz erlaube
eine begrenzte Forschung mit Stammzellen. Wenn diese Forschung
nicht mehr durchführbar sei, weil die Linien nicht brauchbar
seien, könne der Stichtag angepasst werden.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
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