Berlin: (hib/VOM) Die FDP-Fraktion will
dem Bundeskartellamt die Möglichkeit geben, marktbeherrschende
Unternehmen zum Verkauf oder zumindest zur organisatorischen und
rechtlichen Abtrennung von Vermögensteilen zu zwingen. Dies
müsse die "ultima ratio" sein, wenn auf andere Weise kein
wesentlicher Wettbewerb zu erreichen sei, heißt es in ihrem
Entwurf zur Änderung des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen (
16/8405). Als Voraussetzung für eine
solche Entflechtung von Unternehmen muss es sich aus Sicht der FDP
um einen Markt mit gesamtwirtschaftlicher Bedeutung handeln. Dies
könne vor allem Märkte von Gütern betreffen, an
denen ein erhebliches versorgungs- und strukturpolitisches
Interesse besteht. Zudem müsse das betroffene Unternehmen eine
marktbeherrschende Stellung innehaben. Ebenso dürfe auf diesem
Markt auf absehbare Zeit kein wesentlicher Wettbewerb zu erwarten
sein. Als zentrales Element ihres Konzepts verstehen die Liberalen
die Möglichkeit, dass das betroffene Unternehmen die
Entflechtung "maßgeblich" mitgestalten kann, indem es
Vorschläge für eine Unternehmensumgestaltung
unterbreitet. Das Bundeskartellamt soll seine Zustimmung zu einem
Vertrag mit einem vom Unternehmen ausgesuchten Käufer nur
verweigern dürfen, wenn mit diesem Vertrag eine Entflechtung
verhindert würde. Um den Wettbewerb zu beleben, müsse
für den Fall des Verkaufs an Dritte der Kreis der potenziellen
Erwerber vom Gesetz begrenzt werden. Vor allem müsse
ausgeschlossen werden, so die FDP, dass andere Oligopolisten auf
dem Markt oder sogar konzerneigene Unternehmen als Käufer
auftreten. Dem betroffenen Unternehmen wollen die Liberalen zwei,
in besonderen Fällen sogar Jahre für die Entflechtung
einräumen. Die Initiative der FDP zielt nach eigener
Darstellung vor allem auf den Stromerzeugungsmarkt. Dort sei der
Wettbewerb seit langem stark beschränkt. Mehr als drei Viertel
der Kraftwerkskapazität der öffentlichen Versorgung in
Deutschland befänden sich in der Hand von vier
Großunternehmen. Die Endkundenpreise für Strom seien in
Deutschland trotz der bisherigen Liberalisierungsbemühungen im
europäischen Vergleich immer noch zu hoch. Es bestehe die
"begründete Vermutung", so Fraktion, dass dies durch zu hohe
Großhandelspreise der Erzeuger verursacht wird. Mittelfristig
sei nicht mit einem Abbau der Marktzutrittsschranken und damit auch
nicht mit mehr Wettbewerb zu rechnen. Entflechtungen auf dem
Stromerzeugermarkt ließen daher einen intensiveren Wettbewerb
und niedrigere Strompreise erwarten, schreiben die Abgeordneten.
Auch durch die Beteiligungen an städtischen und regionalen
Stromverteilern könnten die großen deutschen
Energiekonzerne das Einkaufs- und Investitionsverhalten der
Endversorger beeinflussen und so weitere Hürden für den
Marktzutritt schaffen.
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Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
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