Berlin: (hib/AS) Bundestag und Bundesrat
erhalten mit dem Vertrag von Lissabon mehr Mitwirkungsrechte in
EU-Angelegenheiten. Um diese Rechte ausüben zu können,
einigten sich die Koalitionsfraktionen und Bündnis 90/Die
Grünen auf einen Gesetzentwurf (
16/8489), mit dem die dafür notwendigen
Modalitäten geregelt werden. Das entsprechende Gesetz
über die Ausweitung und Stärkung der Rechte des
Bundestages und des Bundesrates, das bereits 2005 im Zuge der
Beratung über den Europäischen Verfassungsvertrag
verabschiedet worden war, wird damit an den Vertrag von Lissabon
angepasst. Das Gesetz sieht vor, dass künftig eine Minderheit
von 25 Prozent der Abgeordneten Klage vor dem Europäischen
Gerichtshof erheben kann, wenn sie sich von der EU in ihren
Zuständigkeiten verletzt sieht. Bisher konnte eine solche
Subsidiaritätsklage nur die Bundesregierung einreichen. Das
für die Subsidiaritätsklage erforderliche Quorum von 25
Prozent soll dabei an die Regelungen angeglichen werden, die bisher
für Normenkontrollanträge aus der Mitte des Bundestages
(gemäß Artikel 93 Absatz 1 Nr. 2 des Grundgesetzes)
sowie für die Einsetzung von Untersuchungsausschüssen
(gemäß Artikel 44 Absatz 1 Satz 1 des Grundgesetzes)
gelten. Bundestag und Bundesrat erhalten nach dem Gesetz auch einen
neuen Kontrollmechanismus und werden damit in das europäische
Gesetzgebungsverfahren einbezogen: Beide haben in Zukunft nach
Erhalt eines Gesetzentwurfes acht Wochen Zeit, um zu prüfen,
ob das Gesetz dem Prinzip der Subsidiarität entspricht. Nach
dem Subsidiaritätsprinzip soll die EU nur tätig werden,
wenn die Staaten nicht alleine handeln können und ein Handeln
der EU vorteilhafter ist. Rügt die Mehrheit der Parlamente,
dass dieses Subsidiaritätsprinzip verletzt wurde, muss der
Entwurf von der EU-Kommission erneut überprüft werden.
Will die Kommission weiter an ihrem Vorschlag festhalten, muss sie
eine begründete Stellungnahme abgeben, die dem Rat, dem EP und
den nationalen Parlamenten zugeleitet wird. Wenn die Mehrheit des
EP oder 55 Prozent der Mitglieder des Rates weiter der Auffassung
sind, dass gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen
wurde, wird der Gesetzesvorschlag nicht mehr weiter geprüft.
Das Gesetz sieht zudem vor, dass das Recht des Bundestages an den
Europaausschuss delegiert werden kann.
Herausgeber
Deutscher Bundestag, PuK 2 - Parlamentskorrespondenz
Verantwortlich: Uta Martensen (bis 31.03.2008), Saskia Leuenberger
(ab 01.04.2008 )
Redaktion: Dr. Bernard Bode, Götz Hausding, Claudia Heine,
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