Berlin: (hib/JOH) Bei der Durchsetzung der Menschenrechte hat das Königreich Marokko in den vergangenen Jahren große Fortschritte gemacht. Das berichtete eine Delegation marokkanischer Menschenrechtsvertreter am Mittwochnachmittag im Menschenrechtsausschuss. Seit 1990, erklärte der Präsident des marokkanischen Zentrums für Menschenrechte, Jamil Echahidi, gebe es den politischen Willen, einen demokratischen, offenen Staat aufzubauen. Heute, sagte Echahidi, seien Nichtregierungsorganisationen im öffentlichen Leben viel präsenter und es gelte uneingeschränkte Pressefreiheit. Zudem habe die Versöhnungskommission IER die Jahre nach der politischen Unabhängigkeit Marokkos im Jahre 1956 aufgearbeitet, in denen es zu "Überschreitungen des Staates gegenüber Einzelnen gekommen sei, die eine andere Meinung vertreten haben". Durch die Arbeit der Kommission seien verschwundene, in Gefangenschaft gehaltene Personen wiedergefunden worden. Auch Tote hätten identifiziert werden können. Es habe Entschädigungen sowohl für die Opfer gegeben, als auch für die Regionen des Landes, die von der Entwicklung abgeschnitten worden waren. "Dieses Thema ist nun abgeschlossen, jetzt können wir uns der Zukunft zuwenden", erklärte Echahidi. Insbesondere müsse man sich nun den Menschenrechtsproblemen auf wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Ebene widmen.
Derzeit sei im gesamten Land eine großflächig angelegte Initiative zur Bekämpfung der Armut gestartet worden, erklärte Echahidi weiter. So würde die Entwicklung der rückständigen Regionen mit annähernd 60 Prozent der Haushaltsmittel gefördert. Außerdem gebe es eine nationale Diskussion über die Abschaffung der Todesstrafe. Auch wenn diese in Marokko schon seit 1993 nicht mehr vollstreckt würde, bemühten sich Menschenrechtsvertreter, dass Marokko diese vollständig abschaffe.
Die Vorsitzende der Demokratischen Vereinigung der Frauen in Marokko, Khadija Rebbah, äußerte sich überwiegend positiv zur Situation der Frauen in Marokko. Auf staatlicher und zivilgesellschaftlicher Ebene tue sich inzwischen vieles, sagte Rebbah. Es gebe zahlreiche Kampagnen und Initiativen zur Bekämpfung der häuslichen Gewalt gegen Frauen, und auch der König setze sich stark für deren Rechte ein. "Vor 1997 war die Gewaltfrage ein Tabuthema", betonte Rebbah. Heute diskutierte man über ein Strafgesetz gegen häusliche Gewalt. Darüber hinaus gebe es Ausbildungsprogramme für Frauen, damit sie häufiger in Führungspositionen arbeiten könnten. Echahidi fügte hinzu, inzwischen gebe es auch Aufnahmezentren, die sich um Frauen kümmerten, die unter häuslicher Gewalt litten. Weiterhin sei eine Alphabetisierungsstrategie entwickelt worden, die sich besonders an Frauen richte, weil sie mit 70 Prozent immer noch den Großteil der Analphabeten in Marokko ausmachten.
Echahidi wies zudem auf die Flüchtlingsproblematik hin, mit der Marokko in besonderem Maße konfrontiert sei. "Innerhalb kürzester Zeit ist Marokko zu einem Transitland geworden", so der Präsident des Zentrums für Menschenrechte. Auf diese Flüchtlingswelle sei das Land völlig unvorbereitet gewesen. Das Land hätte außerdem ohne jegliche Mittel dagestanden. "Wir müssen darauf achten" betonte Echahidi mit Nachdruck, "dass die Menschenrechte der Flüchtlinge eingehalten werden." Er bat die Abgeordneten um ihre Unterstützung, damit das Land diese und weitere wichtige Maßnahmen im Bereich der Menschenrechte unternehmen kann.
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