Bundestagspräsident Norbert Lammert hat daran erinnert, dass der Weg Deutschlands in die nationalsozialistische Diktatur „keine Zwangsläufigkeit“ war. „Es ist eine beständige Mahnung an alle demokratischen Kräfte: jeder Bestrebung, unsere heute gefestigte Demokratie und ihre Ansprüche zu ignorieren, zu verhöhnen, zu unterlaufen oder offen angreifen zu wollen, werden wir gemeinsam und entschieden entgegentreten“, sagte Lammert in der Gedenkstunde an die Opfer des Nationalsozialismus. Lammert wies darauf hin, dass es leichtfertig wäre zu sagen, dass die Menschen aufgrund der historischen Erfahrung gegen Verirrungen gefeit seien: „Das sind wir nicht. Es ist beschämend, dass in unserem Land beständig Polizeipräsenz notwendig ist, um jüdische Einrichtungen vor Angriffen zu schützen. Antisemitismus, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sind noch immer ein ernstes Problem, ein Problem, das auch in neuen Formen und anderer Gestalt auftritt.“
Die Weitergabe authentischer Erfahrungen durch Zeitzeugen wie der Prager Schriftstellerin und Verfolgte der Nazis, Lenka Reinerová, sei unverzichtbar für eine lebendige Erinnerungskultur, betonte Lammert. Mit dem Ende der Zeitzeugenschaft werde sich aber die Vergangenheit der ganz unmittelbaren persönlichen Erfahrung endgültig entzogen haben. Lammert: „Dann stellt sich gewiss noch drängender als bisher die Frage: Welches Geschichtsbild festigt sich, wenn nur kulturell überlieferte Erinnerungen Gegenstand unseres Gedenkens sind? Im Spannungsfeld von historischem Wissen und dem Verlust an authentischer Erinnerung der Überlebenden müssen wir geeignete Formen des Gedenkens finden.“
Rede Bundestagspräsident:
http://www.bundestag.de/parlament/praesidium/reden/2008/001.html
Rede Lenka Reinerová:
http://www.bundestag.de/aktuell/presse/2008/reinerova.pdf